Montag, 3. Januar 2022

P 63: Einsteins Konsequenz

 11.6 Das Äquivalenzprinzip

Wir halten fest: Aus der Beobachtung, dass alle Körper (unter Vernachlässigung von äußeren Einflüssen wie Reibung) gleich schnell fallen, kann man folgern:

Träge Masse = Schwere Masse

Wir haben gesehen, dass man letztlich die Trägheit auf eine Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld und die Schwere auf eine Wechselwirkung mit der Krümmung von Raum (und Zeit) zurückführen kann.

Einstein hat ganz klare Konsequenzen bezogen:

Trägheit spürt man bei Beschleunigungen, Schwere bei der Gravitation.

Also muss Gravitation etwas mit Beschleunigung zu tun haben.

Das könnt ihr ganz schnell selbst überprüfen:

Holt euch einen Putzeimer mit Metallhenkel und füllt den Eimer mit viel Wasser. Der schmale Henkel lässt euch das Gewicht besonders gut spüren.

Und nun geht zu einem Fahrstuhl und fahrt nach oben.

Da der Fahrstuhl erst still steht und dann gleichmäßig nach oben fährt, muss er beim Anfahren nach oben beschleunigen. In diesem Moment meint ihr, dass der Putzeimer voller Wasser schwerer ist.

Die Beschleunigung nach oben hat eine zusätzliche Schwerkraft nach unten "vorgetäuscht". 

Umgekehrt: Beim Abbremsen wird nach unten beschleunigt. Da wird der Eimer für einen kurzen Moment leichter.

Beschleunigt der Fahrstuhl mit 1 m/sec² nach unten, so spürt man nur noch eine Fallbeschleunigung von 8,8 m/sec²...fällt der Fahrstuhl nach unten (also beschleunigt selbst mit 9,8 m/sec²) so spürt man überhaupt keine Fallbeschleunigung mehr. Man ist schwerelos.

Übrigens, könnt ihr das alles auch mit dem Beschleunigungssensor eures Smartphones überprüfen.

Einstein geht einen Schritt weiter:

                                                                     Bild: Jörg Resag

Er betrachtet einen Fahrstuhlkasten in einer Rakete, die gerade mit 9,8 m/sec² nach "oben" beschleunigt.

Wegen der Trägheit wird alles, was im Fahrstuhlkasten ist, nach unten gegen den Boden gedrückt. Das fühlt sich genau so an, als würde man auf einem Planeten mit der Fallbeschleunigung 9,8 m/sec² stehen:

Die Wirkung einer Beschleunigung des Kastens nach "oben" ist äquivalent zur Wirkung einer Gravitation auf das Kasteninnere nach "unten".

Einstein macht deutlich, dass die Fahrstuhlinsassen, wenn sie keine Kontakte zur Außenwelt haben, nicht unterscheiden können, wodurch ihr Gewicht entsteht: durch eine Schwerkraft nach unten oder die Beschleunigung des Kastens (Bezugssystems) nach oben.

Das drückt Einstein durch das Äquivalenzprinzip aus: 

Die Wirkung einer Schwerkraft ist äquivalent zur Beschleunigung eines Bezugssystems.

Von 1905 bis 1915 hat Einstein dann versucht diese Idee in eine Theorie der Gravitation umzusetzen. Daraus ist seine Allgemeine Relativitätstheorie entstanden (ART).

Wir sehen uns einmal drei wichtige Schritte dazu an:

- Schwerkraft lässt sich durch eine Beschleunigung eines Koordinatensystems beschreiben.

- In Koordinatensystemen haben beschleunigte Bewegungen gekrümmte Bahnen (denkt an eine Wurfparabel)

- Wenn man die Koordinatenlinien krümmt, können beschleunigte Bewegungen als Geraden dargestellt werden. Diese in gekrümmten Koordinaten verlaufenden "geraden" kürzesten Verbindungen nennt man Geodäten.

Flugzeuge, die der Erdkrümmung folgen fliegen immer geradeaus...von außen sieht das nach einem großen Bogen aus.




Um gekrümmte Koordinatensysteme zu beschreiben, musste Einstein nicht euklidische Geometrie lernen und die Auswirkungen auf alle Raumrichtungen über sog. Tensoren beschreiben.

Das hat ihn zu der Feldgleichung der ART geführt:


In dieser Gleichung steckt alles drin, was man über Gravitation, Raumkrümmung und Expansion des Universums wissen kann. Schaut sie euch mal an...es ist die größte geistige Leistung, die ein einzelner Mensch in der Geschichte der Menschheit vollbracht hat.

Damit hören wir auf...

Auf einer Extraseite möchte ich noch etwas mehr über Metrik und die ART ergänzen.

Im regulären Kurs kommen wir nun zu den Newtonschen Gesetzen, den Begriffen Kraft, Energie und Impuls.