Mittwoch, 25. Mai 2022

P 127: Aus Newton wird Kepler (und umgekehrt)

 Zuerst etwas zu den Aufgaben:

Kepler hat die Entfernung Erde-Mars nicht in km angeben können. Dazu hätte er die Entfernung Erde-Sonne (1AE) kennen müssen oder die Marsentfernung direkt messen müssen. Beides war erst messtechnisch Jahrzehnte später möglich.

Die Entfernungen der Planeten in AE sind: Merkur 0,39 AE, Venus 0,62 AE, Erde 1 AE, Mars 1,5 AE, Jupiter 5,2 AE Saturn 9,6 AE.

Damit lässt sich leicht ein maßstäbliches Modell zeichnen. Wer da Pluto mit drauf haben will (er ist aber kein Planet) muss bis 40 AE erweitern....

22.3.3 Herleitung des dritten Keplerschen Gesetzes aus dem Gravitationsgesetz

Wir besprechen nur den sehr einfachen Fall, bei dem ein Planet mit der vernachlässigbaren kleinen Masse m auf einer Kreisbahn um die Sonne mit der Masse M umläuft.



In P 102 vom 16.3. haben wir die Zentralbeschleunigung kennengelernt.

Zentralbeschleunigung

Achtung: Wir werden jetzt a ausschließlich für eine Beschleunigung verwenden. Da wir Kreisbahnen behandeln, ist der Radius r die große Halbachse. Dafür werden wir kein a mehr nehmen.

Zentralbeschleunigung: a = v²/r

Das ergibt die Zentralkraft F = m*a = m*v²/r.

Diese Zentralkraft, die den Planet auf der Bahn hält (damit er nicht wegen seiner Trägheit tangential wegfliegt) wird durch die Gravitationskraft F = G * M*m/r² erzeugt (G ist die Gravitationskonstante, die wir ja auch schon kennengelernt haben).

Beide Kräfte müssen gleich groß sein:

m*v²/r  = G * m * M/r²

Auf beiden Seiten der Gleichung können wir durch m dividieren, d.h. m, die Planetenmasse, fällt raus.

Was heißt das?

Bei Kreisbahnen ist es egal, ob eine winzige Raumfahrermaus oder ein riesiger Jupiter um die Sonne laufen...







wdr-Maus

Nun lösen wir nach v auf (beide Seite mit r multiplizieren und wurzeln...):

v² = G * M / r       (Gl.#)

 v = √ ( G * M / r)

Diese wichtige Formel führt uns gleich zur Entdeckung der Dunklen Materie.

Ganz ähnliche Herleitungen werdet ihr in Q2 bei elektrischen und magnetischen Feldern durchführen. Da kommen auch Kreisbahnen von Ladungen vor... Es gibt sogar ein drittes Keplersches Gesetz für Elektronenbahnen in Atomen....

Erst einmal soll es weitergehen zu Kepler III:

v = Weg/Zeit = Bahnumfang/Umlaufsperiode = 2 * π * r / P

Damit: v² = 4π²r²/P²

Das setzen wir in Gl.# ein:

4π²r²/P² = G*M/r

Damit erhält man (probiere die Umformungen selbst aus):

  P² *G*M/r = 4π²r²

und somit:

P² = 4π²/(G*M) * r³

Das bedeutet: P² ~ r³

Das ist die Aussage des 3. Keplerschen Gesetzes: Die Quadrate der Umlaufszeiten sind proportional zu den dritten Potenzen der großen Halbachsen, d.h. der Bahnradien.

Und wir kennen jetzt auch die Proportionalitätskonstante: Es ist die Masse der Sonne, als wesentlicher Bestandteil!

Aufgabe: Berechne die Sonnenmasse.


Montag, 23. Mai 2022

P 126:Kepler III

 22.3 Gravitationsgesetz und das dritte Keplersche Gesetz

Kepler hat lange gebraucht, um die "Zahlenspielerei" seines dritten Gesetzes zu finden: P² ~ a³:

Die Quadrate der Umlaufszeiten sind proportional zur dritten Potenz der großen Halbachse.

22.3.1 Kepler spielt mit Zahlen

Von der Erde wusste er die Umlaufszeit: 1 Jahr.

Von den anderen großen Planeten konnte er sie bestimmen, aber das ist gar nicht so einfach:

Wir haben jetzt soviel gelernt, dass wir sogar seine Idee nachvollziehen können:

In Post 105 vom 22.3. haben wir das, etwas einfacher dargestellt, schon einmal für den Mond durchdacht:

Mond statt Mars

Der Mars bewegt sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω(M) um die Sonne, die Erde mit der Winkelgeschwindigkeit ω(E).

Der Zusammenhang zwischen Winkelgeschwindigkeit und Umlaufsperiode ist uns bekannt:

   ω = 2*π* f = 2*π/P, da P = 1/f als Umlaufsdauer der Kehrwert der Umlaufsfrequenz ist.

Da wir den Mars von der bewegten Erde aus beobachten, erkennen wir nur die Differenz der Winkelgeschwindigkeiten als Bewegung am Himmel.

Auftrag: Mache Dir das an zwei Autos klar. Wir beobachten ein Auto aus einem fahrenden Auto heraus....

Wir nennen diese Differenz die scheinbare oder synodische Bewegung:

    ω(syn) = ω(E) - ω(M)

Auch die synodische (scheinbare) Winkelgeschwindigkeit lässt sich als Kehrwert einer synodischen, scheinbaren Periodendauer darstellen.

Damit erhalten wir:

   1/P(syn) = 1/P(E) - 1/P(M)

Frage: Was ist mit den vielen Pi`s passiert????

Kepler hat ja die Marsbahn gut beobachtet, er konnte die synodische Periodendauer des Mars bestimmen. Das ist z.B. die Zeit zwischen zwei Stellungen, in denen der Mars der Sonne gegenübersteht (Oppositionsstellungen, Mars ist die ganze Nacht zu sehen). Das sind 2,14 Jahre.

Die Umlaufszeit P(E) der Erde um die Sonne kannte Kepler auch: P(E) = 1 Jahr.

Was Kepler suchte, war die Umlaufszeit P(M) des Mars:

  1/2,14 = 1/1 - 1/P(M)

Aufgabe: Rechne damit die Umlaufszeit des Mars aus.

Man erhält 1,88 Jahre.


Hinweis: 

Das alles ist kein Abiturwissen. Ich denke unter 10% alle Physikkurse in Deutschland behandeln dieses Thema. Ich finde das aber blöd...denn es gibt  Einblick in die Entwicklung unseres Weltbildes und zeigt uns, wie präzise Kepler schon damals die Zusammenhänge erdacht hatte.


Also: Alle 1,88 Jahre umrundet der Mars die Sonne und alle 2,14 Jahre sehen wir auf der Erde ihn relativ zur Sonne in der gleichen Position. Nur diese letzte Zahl konnte Kepler beobachten. Die gesuchte Zahl musste er durch diese Überlegungen errechnen.


                                                                Bilder: Keplermuseum Graz

                                                 

Auf diese Art hat er auch die  (wahren) Umlaufszeiten der anderen Planeten bestimmt.

Das nützte ihm aber nichts, denn er hatte nur präzise Beobachtungen der Marsbewegung, aus denen er die Marsbahn relativ zur Erdbahn konstruieren konnte.

Nahm er die Entfernung der Erde dabei als Einheit (1 AE = 1 Astronomische Einheit = 150 Millionen km), konnte er auch die Entfernung des Mars zur Sonne in AE, aber nicht in km, bestimmen.

Er erhielt aus seinen Konstruktionen der Marsbahn 1,5 AE.

Frage: Was hätte Kepler bekannt sein müssen, um die Entfernung des Mars auch in Kilometern anzugeben?


Achtung Falle: Hier ist a die große Halbachse der Ellipse. Früher war a für uns eine Beschleunigung. Man muss aus dem Zusammenhang erkennen, welche Bedeutung a hat.

Welche Zentralbeschleunigung a besitzt ein Planet, dessen Bahn die große Halbachse a hat?

Ist nicht ganz ernst gemeint, heraus käme die Formel : a = v²/a  (hatten wir als a = v²/r)...und wer jetzt in de  letzten Formel die beiden a´s zusammenfasst, hat verloren...a² = v², kompletter Unsinn...

Die spinnen die Physiker...oder die Germanisten hätten mehr Buchstaben im Alphabet erfinden sollen...


Nun machen wir mit Kepler weiter: 1,88² = 1,5³ ...wer hätte das gedacht...

Damit hatte er seine Formel gefunden...  P² ~ a³


23.3.2 Ein maßstäbliches Modell des Planetensystems

Aufgabe: Berechne die Entfernung  a(M) des Mars zur Sonne in AE:

Lösung: a(M)³ / (1 AE)³  = (1,88 Jahre)² / (1 Jahr)²

Man erhält 1,52 AE.

Aufgabe: 

Zeichne ein maßstäbliches Modell des Planetensystems mit den Planeten, die Kepler gekannt hatte:.

Umlaufszeiten der Planeten:

Merkur: 88 Tage

Venus: 0,625 Jahre

Erde: 1 Jahr

Mars: 1,88 Jahre

Jupiter: 11,9 Jahre

Saturn: 29,6 Jahre


wird fortgesetzt...