Donnerstag, 30. Dezember 2021

P62: Wenn die Raum-Zeit mit der Materie redet

...dann sagt sie ihr, wie sie sich zu bewegen hat... 

11.5 Masse krümmt die Raum-Zeit

Wenn ich ein Blatt Papier krümme, dann verbiege ich es in die dritte Dimension.

Deshalb ist es üblich Raumkrümmungen als zweidimensionales Beispiel zu veranschaulichen:

Wir verbiegen eine Fläche in den Raum hinein. Eine nicht gekrümmte Fläche nennt man euklidisch. Hier gilt die uns bekannte Schulgeometrie, die euklidische Geometrie: Die Summe der Innenwinkel eines Dreiecks ist 180°.

Eine positiv gekrümmte Fläche, wie z.B. die Oberfläche einer Kugel, hat Dreiecke mit einer Summe der Innenwinkel von mehr als 180°.

Bei einer negativgekrümmten Fläche (Teile eines Pferdesattels) ist die Summe kleiner als 180°.



Einstein hat nun in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie ART gezeigt, das Materieansammlungen, also (schwere) Massen den Raum krümmen. Andere Massen bewegen sich dann in dem gekrümmten Raum so wie wir es beobachten.

Die Gravitation ist also keine Kraftwirkung, sondern einfach eine Auswirkung des gekrümmten Raumes auf die Bewegungen im Raum.

Wenn ich auf der Erdoberfläche herumlaufe, muss ich auch deren Krümmung folgen und kann nicht einfach tangential zur Oberfläche losgehen...

Wir haben eine richtige Kopplung: Massen krümmen den Raum und der gekrümmte Raum schreibt den Massen ihre Bewegungen vor.

Wie formuliert das Einstein?

Die Materie sagt der Raum-Zeit, wie sie sich krümmen soll.

Die Krümmung der Raum-Zeit sagt der Materie, wie sie sich bewegen soll.

Das ist in dem folgenden Bild schön symbolisiert:


Ich möchte jetzt einige der Effekte der Raumkrümmung kurz aufzählen:

- Raumkrümmung erzeugt Gravitation: Je stärker die Krümmung desto stärker die Wirkung

- Raumkrümmung verlangsamt die Zeit: In der Nähe großer Massen verläuft die Zeit langsamer

- Raumkrümmung lenkt Licht ab: Dadurch entstehen Gravitationslinsen, durch die wir weit entfernte Galaxien hell erkennen können. Auch Eddington hat 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis diese Wirkung, von Einstein vorhergesagt, durch Beobachtung bestätigt. Einstein wurde dadurch zu einem weltweiten Medienstar!

- Zu stark gekrümmter Raum bewirkt Schwarze Löcher

- Planetenbahnen "eiern" durch die vom Gravitationsfeld der  Sonne hervorgerufenen zusätzlichen  Raumkrümmung (Ja, ihr habt richtig gelesen: Gravitation erzeugt Gravitation, die Schwerkraft hat ein eigenes Gewicht....).. Der Effekt war schon vor Einstein beobachtet worden (Periheldrehung des Merkur), aber erst Einstein konnte ihn mit der ART berechnen:"Ich war tagelang außer mir vor Freude. Nun wusste ich, dass meine Theorie stimmt".

- Gravitationswellen sind sich ausbreitende Raumkrümmungen, die beim Kollaps großer Massen entstehen.

Eine Anwendung nutzen wir täglich: Unsere Navigationssysteme im Auto oder auf dem Handy vergleichen Zeiten in den GPS-Satelliten mit denen auf der Erde. Wegen der Relativbewegung des Autos zum Satelliten gibt es eine Zeitdilatation (Verzögerung). Das ist die Spezielle Relativitätstheorie (SRT).

Da der Satellit aber in großer Höhe ist, also in einem schwächeren Gravitationsfeld, läuft in ihm die Zeit schneller als bei uns hier unten. Das ist die ART.

Die beiden gegenläufigen Effekte der ART und SRT heben sich nicht auf. Deswegen muss jedes Navi sowohl die SRT als auch die ART anwenden, um die genaue Position zu bestimmen.

Würde das nicht gemacht, dann hätte man jeden Tag einen um 30 km anwachsenden Fehler....nach zwei Wochen weiß man lediglich noch, dass man in Deutschland ist...

Fazit:

Damit hat Einstein die Wirkung der (schweren) Masse auf eine Wechselwirkung mit Raum und Zeit zurückgeführt. Auch hier ist die Masse keine dem Körper innewohnende Eigenschaft.

Es bleibt aber die am Ende des letzten Post gestellte Frage unbeantwortet...

Noch eine Anmerkung zum Schluss dieses Posts:

Einstein selbst hat die Raumkrümmung so veranschaulicht, wie wir es getan haben, als eine Krümmung in etwas hinein.

Aber das ist nur eine, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit falsche, Vorstellung. Die gleichen Effekte erhält man einfach auch durch Ändern der Koordinatensysteme, der Metrik.

Darauf gehe ich aber nur in den Zusatzseiten ein.

Gebt mir ein paar Tage...

Hier möchte ich euch im nächsten Post noch das Äquivalenzprinzip vorstellen.

Aus ihm folgert Einstein die hier genannten, so seltsam klingenden Eigenschaften.

Und dann lassen wir endlich den Newton aus der Gruft...aber anders als eure Lehrer/innen sich das denken...


Ein Bild kann ich mir nicht verkneifen:


Einen guten Rutsch ins neue Jahr, vor allem viel Gesundheit...

Bis 2022...dann geht es weiter...


Mittwoch, 29. Dezember 2021

P 61: Zäh wie Schleim

 11.4 Wie Masse entsteht

Am 4.7.2012 gaben die Forschenden des größten Experimentes, das die Menschheit je gemacht hat, die Entdeckung eines neuen Elementarteilchens bekannt. Es wurde am LargeHadronCollider LHC in Genf nach jahrelanger Suche gefunden. Es hat eine Masse von etwa 130 Protonenmassen.

Der britische theoretische Physiker Peter Higgs (*1929) hatte die Existenz dieses Elementarteilchens 1964 zusammen mit dem Belgier Francois Englert (*1932) sowie Robert Brout (1928-2011) logisch begründet und vorhergesagt.

Higgs (rechts im Bild)  und Englert  erhielten dafür am 8.10.2013 den Nobelpreis für Physik.


Was hat das mit unserem Thema Masse zu tun?

Das sogenannte Standardmodell der Elementarteilchenphysik hatte eine sehr seltsame Schwäche: Es konnte keinerlei Masse für die Bausteine unserer Welt angeben, ja eigentlich waren alle Elementarteilchen masselos.

Vor 60 Jahren aber entstand eine schier unglaubliche Idee: Unser gesamtes Universum ist mit einem Feld erfüllt, dem Higgs-Feld, wie man es heute nennt.

Ein Feld ist nichts anderes, als eine Eigenschaft in Raum und Zeit: Zu jedem Zeitpunkt und an allen Stellen gibt es diese Eigenschaft. Wir kennen elektrische Felder, Magnetfelder und das Gravitationsfeld.

Diese drei Felder sind alle gerichtet, die Kräfte, die sie ausüben zeigen zu Ursachen des Feldes, den Ladungen, den Magneten, den Massen.

Das Higgs-Feld ist ein sog. Skalarfeld, es hat keine Richtung...man kann es sich wie einen riesigen Schleim vorstellen, der gleichmäßig den gesamten Kosmos erfüllt.

In diesem Schleim müssen sich die masselosen Elementarteilchen bewegen. Das behindert sie.

Wir merken dass...die Teilchen sind träge, sie haben eine träge Masse. Und somit ist auch unsere Masse die Konsequenz daraus, dass sich die Bestandteile unserer Körper durch diesen Higgs-Schleim bewegen müssen.

Jedes Elementarteilchen koppelt nun auf eigene Weise an den Higgs-Schleim. Je stärker die Kopplung, desto träger ist es. Neutrinos koppeln wenig, Elektronen mehr, Lichtteilchen (Photonen) gar nicht...deshalb kann Licht so schnell sein.

Und weniger koppeln als gar nicht, geht nicht..deswegen ist nichts schneller als Licht.

Geht Licht durch Glas durch, koppelt es an die Atome und wird langsamer. Das führt zur Brechung.

Was ist nun das Higgs-Teilchen?

Jedes Feld (wahrscheinlich geht das nicht beim Gravitationsfeld) kann sich auf einen Raumpunkt zusammenziehen und dort ein Wechselwirkungsteilchen erzeugen. Das ist beim Higgs-Feld das Higgs-Teilchen.

Es gibt eine wunderschöne Veranschaulichung dieses Vorgangs (Bilder: CERN, Die Weltmaschine):

Stellen wir uns eine Party mit vielen Menschen vor, einige von uns können sich vielleicht noch an so etwas aus der Vor-Corona-Zeit erinnern...

Diese Menschen stellen das Higgs-Feld dar. Sie erfüllen den ganzen Raum.

Jetzt kommt eine bekannte Person zur Tür herein. Das ist ein masseloses Elementarteilchen.

Die Partygäste umringen diese Person, sie kann sich weniger gut durch den Raum bewegen. Sie wird träge.

So entsteht die Masse dieser Person. Das Elementarteilchen ist träge, bekommt  eine messbare Masse.


Man kann aber auch einfach ein Gerücht in diesen Raum hineingeben. Die Partygäste geben es tuschelnd weiter und bilden kleine Konzentrationen von Menschen. Das wäre dann die Veranschaulichung des Higgs-Teilchens. Da auch diese Menschengruppierungen sich nur langsam durch den Raum bewegen (das Gerücht breitet sich langsam aus), erkennen wir auch dort eine Trägheit, also eine träge Masse. Das ist die gemessene Masse des Higgs-Teilchens.



Mehr wollen wir hier nicht machen.

Was sollt ihr mitnehmen?

Masse ist keine innere Eigenschaft der Objekte, sondern das Ergebnis von Wechselwirkungen:

Elektronen können mit den Atomen von Halbleitern in Wechselwirkung treten und erscheinen uns massereicher (das nennen wir effektive Masse)

Elementarteilchen wechselwirken mit dem Higgsfeld, vermittelt durch das Higgs-Teilchen, und erhalten ihre Masse. Das nennen wir träge Masse.

Was bleibt, ist der Begriff der schweren Masse.

Im letzten Post dieses Kapitels möchte ich zeigen, dass auch die schwere Masse  das Ergebnis einer Wechselwirkung ist, der Wechselwirkung mit Raum und Zeit.

Dass die Wechselwirkungen von Objekten dieser Welt mit dem Higgs-Feld und mit Raum und Zeit zueinander proportional sind (also träge und schwere Masse gleich groß sind), bleibt eines der großen Geheimnisse unseres Kosmos.

Eure Generation oder die eurer Kinder muss das erklären...


Samstag, 25. Dezember 2021

P 60: Upps, mein Körper ist nicht materiell

 11. Was ist Masse?

Der Massenbegriff ist einer der wenigen, der nicht richtig in der Mechanik definiert ist. Es kann deshalb nicht die Aufgabe eines einführenden Mechanik Kurses zu sein, dieses Problem zu lösen....

Trotzdem möchte ich einige Ansätze kurz vorstellen. Für später wird das keine große Rolle spielen, ich habe es aber bewusst nicht als Zusatzseite geschrieben, weil ich schon meine, hier lohnt es sich genauer drüber nachzudenken, besonders  wenn man die Welt verstehen möchte.

11.1 Es gibt nur träge Massen

Wir haben zwei wesentliche Eigenschaften von Massen kennen gelernt:

Massen sind träge und Massen sind schwer.

Da alle Körper beim freien Fall immer auf gleicher Höhe fallen, müssen diese beiden Eigenschaften zueinander proportional sein. Da man gleiche Einheiten nutzt, können wir sagen: Träge und schwere Masse eines Körpers sind gleich.

Ernst Mach hat die träge Masse als schwere Masse angesehen, also als eine Einwirkung aller Massen auf die Bewegung eines Körpers.

Damit scheint es letztlich nur eine träge Masse zu geben: Alle Massen sind träge Massen.

11.2 Es gibt nur schwere Massen

Albert Einstein hat nach 10-jähriger Bemühung einen Zusammenhang hergestellt zwischen Massen und der Anordnung der Koordinaten von Raum und Zeit. Das nennt man Metrik.

Er sagt: Materie verändert die Metrik von Raum und Zeit. Dies äußert sich als Schwerkraft.

Also gibt es nur schwere Massen.

Einstein hat sich hinreißen lassen, diese Metrikänderung durch eine Krümmung zu veranschaulichen.

Seit dem spricht man von der Raumkrümmung.



Dies ist aber nur eine mögliche Deutung der Änderung des Koordinatensystems, als der Metrik. Eine Deutung, die immer auch einen höher dimensionalen Raum erfordert, in den hinein ja unser Raum gekrümmt ist.

Etwas salopp gesagt: 

Masse sagt dem Raum und der Zeit, wie sie sich zu krümmen haben. Der gekrümmte Raum und die gekrümmte Zeit sagen der Masse wie sich sich zu bewegen hat. Das nennen wir Gravitation.

Schaut euch mal dazu diese wunderbare Geogebra-Simulation an:

https://www.geogebra.org/m/ce9ef5g9

Raumkrümmung

11.3 Masse als Maß für Materiemenge

Ganz oft wird der Begriff Masse gleichbedeutend mit Materiemenge angegeben.

Da taucht natürlich sofort wieder eine Frage auf: Was ist denn Materie?

Ist Materie ein Gegensatz zur Leere, also zum leeren Raum?

Gibt es überhaupt einen materiefreien, leeren Raum?

So richtig hilft uns das auch nicht weiter....

Ich möchte auch zeigen, dass die Gleichsetzung von Masse und Materiemenge im Alltag ganz gut funktioniert, aber physikalisch keinen Sinn macht:

11.3.1 Materiemengen im Makroskopischen

In unserer Alltagswelt können wir die Materiemenge eines Stoffes durch sein Volumen beschreiben. Je größer das Volumen eines Stoffes, desto mehr Materie muss vorhanden sein.

Wir beobachten aber, dass schnell bewegte Objekte eine größere (träge) Masse haben: Bewegte Massen sind also größer. Die (träge) Masse hängt von der Geschwindigkeit ab. Aber mehr Materie ist es nicht.

11.3.2 Materiemengen im Mikroskopischen

Hier ist es üblich, die Materiemenge durch das Zählen der Bestandteile, z.B. der Atome zu nehmen.

Das klappt aber auch nicht so richtig: Ein Deuteriumatomkern besteht aus zwei Nukleonen, die Masse ist aber kleiner als die Summe der beiden Teilmassen.

Übrigens: So erzeugt die Sonne ihre Strahlung. Denn die Massendifferenz zwischen den Bestandteilen aus denen Helium aufgebaut wird und der Massensumme der Bestandteile wird nach E = m*c² als Strahlungsenergie abgegeben. Die Masse der Sonnenstrahlung jeder Sekunde liegt bei 4,4 Millionen Tonnen. 4,4 Millionen Tonnen sind auch der Materieverlust unserer Sonne pro Sekunde.

11.3.3 Reine Energie

Lichtobjekte (Photonen) werden als reine Energie aufgefasst. Das ist erst einmal keine Materie. Trotzdem haben Photonen eine Masse, man kann sie wiegen und sie sind träge....

Auch elektrische Felder und Magnetfelder stellt man sich nicht als Materiemengen vor...sie haben aber eine Masse, sie sind schwer und träge...

Einstein hat den Zusammenhang zwischen Energie und Masse hergestellt: E = m*c² ist wohl die berühmteste Formel der Welt. Multipliziert man die Masse in kg mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit, so erhält man die Energie in Joule, die dieser Masse entspricht (und manchmal sogar komplett als Energie genutzt werden kann).

Aufgabe:

Die Sonne hat einen Materieverlust von 4,.4 Millionen Tonnen pro Sekunde. Zeige, dass dies der Leuchtkraft der Sonne von 4*10^26 J/sec entspricht.

11.3.4 Weakonen

Weakonen sind elementare Objekte, die für die Entstehung von Radioaktivität verantwortlich sind. Man bezeichnet sie auch als die Vermittler der schwachen Kraft.

Sie entstehen und vergehen, sind also nichts Dauerhaftes. Man kann sie somit nicht zählen, ihnen auch kein Volumen zuordnen. Trotzdem besitzen sie eine messbare (wenn auch sehr kleine Masse), immerhin die Masse eines größeren Atomkerns.

11.3.5 Woraus bestehen wir?

Ich denke, jede/r empfindet den eigenen Körper als etwas materieartiges. Wir bestehen aus Materie, haben eine Masse. Schließlich können wir uns ja wiegen, sogar unter Schwerelosigkeit. Und träge sind wir allemal....

Der größte Teil (weit über 99,9%) unserer Masse liegt in den Atomkernen der Atome unserer Körper.

Diese Atomkerne werden aber durch eine Kraft zusammen gehalten, die starke Kraft (die berühmte Kernkraft hängt damit zusammen). Zu dieser Kraft gehören auch Wechselwirkungsobjekte, also ein Feld. Man nennt sie die Gluonen.

Das ist ebenfalls nichts materieartiges, genau so wie bei den Weakonen.

Trotzdem wird 99% der Masse unserer Atomkerne, und letztlich dadurch unserer Körper, durch diese nicht materiellen Felder, also die Gluonen,  bewirkt.

99% der Masse unseres Körpers bestehen also nicht aus dem, was wir als Materiemenge bezeichnen würden. Wir bestehen zum größten Teil nur aus dem Klebstoff, der die Atomkerne zusammenhält.

So "sieht" es im Inneren eines Protons aus, da ist fast keine Materie, bei der man von Materiemenge sprechen kann...und trotzdem könnt ihr euch wiegen...(CERN)


11.3.5 Effektive Masse

In der Festkörperphysik hat man festgestellt, dass Elektronen in Halbleitern und Metallen andere Massen besitzen als freie Elektronen. Man drückt sich da ein bisschen vor den Konsequenzen, in dem man den Begriff der effektiven, also der wirksamen Masse einführt. Die (effektive) Masse des Elektrons hängt von der mechanischen Spannung, der Temperatur und vieler anderer Größen des Halbleiters oder Metalls ab. Und nur die kann man messen!

Die Elektronenmasse scheint also durch die Umgebung, in der sich das Elektron befindet, bestimmt zu sein.

Eine tolle Idee: Dann würde ich abnehmen können, wenn ich nur in eine andere Wohnung ziehe...oder das Fenster in meiner aufmache...Hört sich strange an? Bei Elektronen geht so was...

11.3.6 Fazit

Ihr seht, wie komplex der Massebegriff ist...Kein Wunder, dass sich da noch niemand so richtig an eine grundlegende Definition herangewagt hat.

Mein Tip:

Bleibt bei dem, was ihr euch vorstellt. Damit kommt ihr gut klar, egal was es ist!

Im nächsten Post werde ich das Problem ein bisschen lösen...Ich stelle euch den nobelpreisgekrönten Higgs-Mechanismus vor. Letztlich werden wir annehmen, dass es nur träge Massen gibt und dass Masse keine Eigenschaft ist, die man einem Körper zuordnet (also keine Materiemenge) sondern durch die Wechselwirkung mit der umgebenden Welt entsteht.


Mittwoch, 22. Dezember 2021

Weihnachtswünsche

 Ich wünsche allen ein frohes Fest, einen guten Rutsch und vor allem ein gesundes Jahr 2022.

Ich werde auch in den Ferien wieder den ein oder anderen Post hochladen, nach den Ferien wird es dann mit dem Schulstoff der Newtonschen Axiome weitergehen.



Montag, 20. Dezember 2021

P 59: Es stimmt wohl!

 10.6 Experimentelle Überprüfung

Alle Körper fallen (bei Vernachlässigung der Reibung) gleich schnell, unabhängig von ihrer Masse und Zusammensetzung.

Das kann nur funktionieren, wenn sich die Wirkung von Schwere und Trägheit ausgleichen.

Und genau das muss und kann auch überprüft werden.

Galilei hat dies 1638 schon bei einfachen Fallversuchen gemacht, die Abweichung von der Gleichheit von schwerer und träger Masse musste unter 0,1% liegen.

Der Ungar Eötvös  (1848-1919) hat wesentlich genauere Messungen mit Torsionswaagen durchgeführt, die erste 1889, dann von 1906 bis 1909.

Zum Schluss konnte er Abweichungen bis zu einem Milliardstel  ausschließen. Insbesondere hat er auch Körper aus verschiedenen Materialien verglichen.





Letztlich müssen zum Testen Gegenstände sowohl einer Schwerkraft als auch einer Beschleunigung ausgesetzt sein.

Irwin I. Shapiro (geb. 1929)  hat dies  1976 mit dem ganzen Mond durchgeführt. Die Apollo-Astronauten hatten mehrere Laserreflektoren  auf dem Mond zurückgelassen. Mit Hilfe von Laserstrahlen konnte man sehr genau die (Fall-)Bewegung des Mondes um die Erde untersuchen (Lunar Laser Ranging).



Mit einer Genauigkeit von einem 10 Billionstel stimmte die träge und schwere Masse des Mondes überein.

Der von Apollo 11 zurückgelassene erste Laserreflektor (NASA)

Noch präziser geht das in der Erdumlaufbahn innerhalb eines Satelliten.

Gegenstände dort werden von der Erde angezogen (da spielt ihre schwere Masse eine Rolle), gleichzeitig werden sie aber auf der Bahn um die Erde "herumgeschleudert". Dabei spielt die "Fliehkraft", also die Trägheit und somit die träge Masse eine Rolle. Wenn beide Massen gleich groß sind, dann müssen sich die Wirkungen aufheben und Gegenstände, die z.B. ineinander verschachtelt sind, bewegen sich nicht relativ zueinander.

      Bild: DLR

Mit dem europäischen Satelliten MICROSCOPE konnte man solche Relativbewegungen ausschließen und das Verhältnis von schwerer und träger Masse als 1,0 mit einer Genauigkeit von einem Billiardstel feststellen.

Mit Kreisbewegungen in Umlaufbahnen werden wir uns noch beschäftigen.

Also: Träge und schwere Masse von allen Gegenständen sind wirklich gleich.

Auch wenn wir es nicht so richtig verstehen, es ist so.

Und schon Einstein hat vor über 100 Jahren gesagt: Wenn es so ist, dann akzeptieren wir es und schauen mal, was wir daraus folgern können....

Dazu kommen wir im übernächsten Post...

Im nächsten Post möchte ich mal einen Ausblick auf die Art und Weise geben, mit der unsere Bausteine nach den Erkenntnissen der aktuellen Physik zu ihrer Masse kommen. Und da werden wir sehen, es gibt eigentlich nur träge Massen....

Viele haben vielleicht schon vom Higgs-Teilchen gehört...

Anmerkung: Normalerweise wird im Physikunterricht nur gesagt, dass alle Körper gleich schnell fallen.

In den letzten und nächsten Posts seht ihr, wieviel hochaktuelle Physik und wieviel noch offenen Fragen dahinter stehen.

Ich finde das wesentlich interessanter und lernenswerter als die Formeln für die Fallgesetze...


Sonntag, 19. Dezember 2021

P 58: Warum alle Körper gleich schnell fallen

 10.5: Was verbindet Trägheit und Schwere?

Wir denken uns einen Körper A, der eine dreimal so große schwere (!) Masse hat wie ein Körper B.

Überlegt euch einmal, was das bedeutet?

Welcher der beiden Körper müsste schneller nach unten fallen?

Nun wissen wir aber, dass alle Körper gleich schnell fallen (bei Vernachlässigung des Luftwiderstandes).

Seht euch noch einmal Post 27 und vor allem Post 28 an.

Was müssen wir also über die träge (!) Massen der beiden Körper A und B annehmen?

Ein Körper, der dreimal so schwer wie ein anderer ist, wird in der Tat dreimal so stark von der Erde angezogen. Aber wenn er dann auch dreimal so träge ist, dann setzt er sich auch entsprechend langsamer in Bewegung.

Die Wirkung von träger und schwerer Masse auf die Fallbewegung gleichen sich also aus:

Träge und schwere Masse sind zueinander proportional.

Man hat sich entschieden, beide Massenformen durch das Kilogramm zu beschreiben. Und nur deshalb, weil man die gleiche Einheit verwendet, kann man sagen:


Träge Masse und schwere Masse aller Körper sind gleich.


Dann redet man irgendwann nur noch von der Masse eines Körpers und vergisst, dass eigentlich sehr wichtige Unterschiede zwischen Trägheit und Schwere existieren.

Weil eben alle Körper, unabhängig von ihrer Masse, gleich schnell fallen, fallen ein Hammer und eine Feder gleich schnell, fällt der Mond genau so schnell auf die Erde wie ein Stein (am Ort des Mondes) und auch in der ISS fallen alle gemeinsam runter...das spüren sie dann als Schwerelosigkeit...



Warum die Trägheit eines Körpers etwas mit seinem Gewicht zu tun hat, und zwar so, dass sich die Wirkungen letztlich kompensieren, ist unverstanden.

1883 hat Ernst Mach (1838 - 1916) einen Versuch der Erklärung vorgenommen.

Er kritisierte die Existenz eine absoluten Raumes, so wie Newton es für seine Mechanik angenommen hat. Im Kosmos kommen nur Bewegungen eines Körpers relativ zu allen anderen Körpern des Universums vor. Ein Körper wird von all diesen anderen angezogen, und diese Anziehung spürt man als Trägheit.

In einem vollständig leeren Universum gäbe es keine Trägheit. Da somit die träge Masse nach Mach auch durch die Gravitation entsteht, ist die Proportionalität von schwerer und träger Masse nicht verwunderlich.

Einstein hat 1918 diese Idee als das Machsche Prinzip bezeichnet. Er wurde dadurch zur Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie  angeregt.

Die Machsche Idee ist aber umstritten, aber so richtig widerlegt wurde sie auch  nie.


Letztlich bedeutet es, dass die Wirkung von Massen das Ergebnis einer Wechselwirkung ist, und genau so wird heute erklärt, wie Elementarteilchen zu ihrer Masse kommen.

Das werden wir bald genauer (und vertiefter auf einer Zusatzseite) kennenlernen.

Aber erst bleiben noch zwei Fragen offen:

Wie genau kann man die Gleichheit von schwerer und träger Masse experimentell bestätigen?

Und ist Masse eine Maß für die Menge an Materie?

Donnerstag, 16. Dezember 2021

P 57: Wiegen unter Schwerelosigkeit

 Die schwere Masse kann über das Gewicht bestimmt werden. Auf Erde und Mond hat ein bestimmter Körper sicher unterschiedliche Gewichte. Alles wiegt auf dem Mond nur etwa 1/6 von dem was es  auf der Erde wiegt.

Deswegen können Astronauten trotz des über 60 kg schweren Überlebenssystems auf dem Mond hüpfen wie ein Känguru.

Gewichte sind also unterschiedlich, sie hängen von dem anziehenden Himmelskörper ab.

Die schwere Masse eines Gegenstandes bleibt, denn sie bestimme ich ja über eine Balkenwaage durch Vergleich mit einer Normmasse, z.B. dem Ur-Kilogramm.

Dann greifen auf beiden Seiten der Balkenwaage sicher auf dem Mond kleinere Gewichtskräfte an als auf der Erde, aber wenn in jeder Waagschale die gleiche schwere Masse liegt, ist die Balkenwaage trotzdem im Gleichgewicht.

Schwere Massen sind unabhängig vom Ort, auch wenn man sie nicht immer messen kann..

Das bedeutet: In der Schwerelosigkeit der ISS (egal warum sie dort vorliegt) ist eine Balkenwaage wirkungslos...der Balken bleibt in jeder Lage einfach stehen...

Man kann dort also über Gewichte keine schwere Masse bestimmen.

Aber es gibt einen Trick, der eigentlich keiner ist sondern eine der erstaunlichsten Eigenschaften unserer Welt....

10.4 Massen sind träge

Wir können auch ohne Wiegen feststellen, ob eine große oder kleine Masse vorliegt.

Stellt euch eine 1m große Kugel vor. Einmal soll sie aus gelb angestrichenem Styropor bestehen und einmal aus gleich angestrichenem Stahl.

Legt beide Kugeln nebeneinander. Um die Stahlkugel zu erkennen, müsst ihr die Kugeln nicht wiegen, sondern nur anschubsen.

Die massereiche Kugel lässt sich schwer in Bewegung versetzen...sie ist träge.

Das merken auch die Astronauten auf der ISS.

Sie könnten eine Balkenwaage zum Massenvergleich nutzen. Die beiden zu vergleichenden Massen werden in die Waagschalen gelegt und dann wird die Balkenwaage beschleunigt. Die Waagschale mit der größeren Masse bleibt zurück.



Das macht man etwas eleganter, wenn man die Astronauten "wiegen" möchte. Sie legen sich über eine Feder und bringen diese zum Schwingen. Die Schwingungsfrequenz hängt von der Masse ab (wie, lernen wir noch) und kann zur Massenbestimmung benutzt werden.

      (Alexander Gerst "wiegt" sich auf der ISS (NASA)

Halt!

Jetzt müssten Fragen kommen...

Das hat doch nichts mit Wiegen zu tun...sondern das ist doch das, was wir Trägheit nennen:

Massen sind träge, sie widersetzen sich Bewegungsänderungen.

Alle eben genannten Verfahren bestimmen nicht die schwere Masse der Gegenstände, das geht unter Schwerelosigkeit nicht.

Die so bestimmte Masse nennt man deshalb "träge Masse".

Macht euch klar, das mit "schwerer" Masse und "träger" Masse zwei vollkommen unterschiedliche Eigenschaften bestimmt werden.

Die schwere Masse gibt an, wie eine Masse auf Schwerkraft, also auf eine Anziehung durch einen Planeten reagiert.

Die träge Masse gibt an, wie eine Masse reagiert, wenn ich sie beschleunige, abbremse oder ablenke.

Um die schwere Masse eines Körpers zu spüren, muss ich ihn (auf der Erde) anheben...und seine träge Masse zu spüren, muss ich dagegen treten....

Unser Gefühl und Erfahrung sagt ganz klar:

Je schwerer etwas ist, desto träger ist es auch.

Wenn also Astronaut A in der ISS eine größere träge Masse als Astronaut B feststellt, dann wird er auf der Erde sicher auch schwerer sein.

Um den gleichen Faktor?

Und was ist denn nun Masse? Ein Maß für die Stärke einer Anziehung oder ein Maß für die Trägheit oder gar ein Maß für die Materiemenge, wie es in vielen Büchern (falsch) steht?

Konkret: Sind 70 kg schwere Masse genauso viel wie 70 kg träge Masse? Und liegt dann 70 kg Materie vor?

Wir haben noch einiges vor uns....


Dienstag, 14. Dezember 2021

P 56: Das Ur-Kilogramm

 10.3 Massen sind schwer

Früher war die Bestimmung von Massen noch sichtbar. Man benutzte eine Balkenwaage (selbst auf dem Wochenmarkt beim "Auswiegen"). Heute sind Waagen elektronische Geräte, die mit Federn, Dehnungsmessstreifen oder Piezokristallen arbeiten.

Die Grundidee einer Massenbestimmung ist der Gewichtsvergleich:


Man legt die unbekannte Masse auf eine Seite der Balkenwaage und auf die andere so lange genormte Massenstücke ("Gewichte" genannt), bis der Balken waagerecht ist. Dann kann man sicher sein, dass die Massenstücke und die unbekannte Masse gleich stark von der Erde angezogen werden, also die gleiche Masse per Definition vorliegen muss.

Massen sind gleich, wenn sie gleichstark am gleichen Ort von der Erde angezogen werden, sie also gleichviel wiegen.

Man muss nur die Normmasse , die Vergleichsmasse, festlegen, diese ist das Kilogramm. Von 1889 bis 2019 gab es das Ur-Kilogramm, ein Körper aus 90% Platin (wird sehr wenig durch chemische Prozesse verändert) und 10% Iridium (macht das Ganze etwas Härter). Es wurde in Paris aufbewahrt und Kopien in alle Länder der Erde verteilt.


Um eine Kopie herzustellen, braucht man natürlich auch wieder Platin und Iridium und eine Balkenwaage. Wieso die Balkenwaage?

Immer wieder wurden Kopien und Prototyp verglichen. Das Ur-kg schien zu schrumpfen, wodurch auch immer...

Also machte man sich daran, 1 kg neu zu definieren.

2019: Die Neudefinition des kg

Das soll uns hier nur am Rande interessieren:

Man legt das kg über die sog. Plancksche Konstante h fest. Das ist die kleinste Wirkung, die es in unserer Welt gibt. Ihr werdet in Q3 darüber viel erfahren.

Sie hat die Einheit: kg*m²/sec. Ihr Zahlenwert ist inzwischen festgelegt, ebenso kennt man die Festlegung für m und sec. Also kann an den "kg-Anteil" herausrechnen.

Praktisch gibt es dazu zwei Verfahren, die Watt-Waage und das Zählen von Atomen.

Letztlich kann man sagen: 2,15 * 10^25 Si28 Atome bilden eine Masse von 1 kg.

Natürlich zählt niemand diese Atome, sondern auch hier wird letztlich gewogen.

Für uns ist eine Sache sehr wichtig:

Nur über die Schwerkraft haben wir festgelegt, was 1 kg bedeutet.

Wir werden deshalb die so bestimmte Masseneinheit eine schwere Masse nennen.

Fragen: Sind schwere Massen auf dem Mond so groß wie auf der Erde?

            Wie bestimmen Astronauten in der ISS unter Schwerelosigkeit eine schwere Masse? Eine                           Balkenwaage macht da keinen Sinn, oder? 

Überlegt euch mal, wie ein Astronaut unter Schwerelosigkeit mit einer Balkenwaage eine Masse messen könnte, vorausgesetzt er passt auf und macht nichts kaputt....

Was wir gelernt haben: 

Über einen Gewichtsvergleich mittels Balkenwaage (wir werden später lernen, dass Gewichte Kräfte sind, und zwar Schwerkräfte) kann man die schwere Masse eines Körpers bestimmen, wenn denn ein Ur-kg festgelegt ist.

Was wir nicht gelernt haben: 

Was misst denn eigentlich 1 kg? Was IST denn eine Masse...?


Auf zu den nächsten Posts..., Einstein wartet...



Sonntag, 12. Dezember 2021

P 55: Meter und Sekunden

 Teil 2: Einstein denkt über das Fallen nach

Dieser Teil kann auch nach der Behandlung der Newtonschen Axiome durchgearbeitet werden.

Ich habe mich entschieden, das Thema vorzuziehen. Dann muss ich hier rein vom Phänomen her vorgehen, da mir die Newtonschen Formeln nicht zur Verfügung stehen. Aber dadurch machen wir mal etwas vielleicht interessanteres.

Andererseits, wenn wir den Formalismus  in Teil 3 behandeln, können wir gleich kritischer mit dem von Newton verwendeten Massenbegriff umgehen.

10. Mechanische Grundgrößen

10.1 Was haben wir bisher gemacht?

Wir haben gelernt, das man aus dem Startort und der Startgeschwindigkeit mit Hilfe des WZG und des GZG den vorliegenden Bewegungsablauf berechnen kann.

Wir konnten sogar die Bahngleichung des waagerechten und des schiefen Wurfes bestimmen.

Dieses erfolgreiche Vorgehen der Mechanik führte zur Vorstellung, das alle Prozesse der Welt aus Bewegungen bestehen und somit berechenbar sein müssen.

Vor 20 Jahren zeigte sich die Grenze dieser Vorstellung:

Sobald Gesetze und Regeln nichtlinear werden (also Sinus, Wurzeln  oder Quadrate in den Formeln stehen), kann Chaos eintreten. Dann wachsen kleinste Abweichungen extrem (exponentiell) an.

"Das Bewegen eines Schmetterlingsflügels in Brasilien kann in Europa einen Orkan auslösen".

Unsere Welt ist eigentlich chaotisch. Aber seltsamerweise bringt das Chaos immer wieder geordnete, stabile Zustände hervor. Das ist unsere bestimmbare Welt.

Eine andere Grenze der  klassischen Mechanik ist seit 100 Jahren bekannt:

Elementarteilchen haben weder Orte noch Geschwindigkeiten. Bahnen, auf denen sie sich bewegen, gibt es nicht.

Bewegungen sind Erfindungen unseres Gehirnes in der makroskopischen Welt, die es uns bzw. unseren Vorfahren ermöglicht haben, einen Speer so zu werfen, dass er das Wildschein trifft und die Familie ausreichend viel zu essen hat.

Die Mechanik, die wir bisher behandelt haben, dient also nur dazu, unsere makroskopischen Eindrücke der Welt zu beschreiben.

Und dabei haben wir es uns besonders einfach gemacht: Wir haben von "Massenpunkten" gesprochen, also punktförmigen Objekten, die sich ohne Reibung bewegen.

Gänzlich verzichtet haben wir bisher, über die Größen Länge, Zeit und Masse nachzudenken.

Das wollen wir (teilweise) jetzt im Kurs, ergänzt durch Extraseiten nachholen.

10.2 Grundeinheiten für  Länge und Zeit

Wir machen hier nur einige kurze Angaben. Ganze Forschungsinstitute beschäftigen sich mit diesem Thema.

10.2.1 Die Sekunde

Bis 1967 wurde eine Sekunde über astronomische Messungen bestimmt. Sie ist der 86400-te Teil eines mittleren Sonnentages eines bestimmten Jahres. Dann lernte man Zeiten genauer zu messen und erkannte, dass sich die astronomischen Eigenschaften der Erddrehung und der Erdbahn ändern und schwanken.

Seit 1967 definiert man Sekunden mit sog. Atomuhren. In ihnen erzeugen Atome Mikrowellenschwingungen mit einer ganz bestimmten Schwingungszahl pro Sekunde. Man gibt an, nach wieviel Schwingungen eine Sekunde abgelaufen ist: 9.192.631.770 Schwingungen ergeben eine Sekunde.

Mit diesen Atomuhren "kontrolliert" man unsere Zeit (Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig):



Damit kann man bis auf 16 Stellen hinter dem Komma genaue Zeitangaben machen.

Nun haben wir kurz gesehen, wie man Zeiteinheiten festlegt. Aber wir haben nicht darüber gesprochen, was denn Zeit IST.

Da gehen wir später drauf ein.

Aber Einstein gibt uns hier eine einfache Definition: "Zeit ist das, was eine Uhr misst."

Basta.

10.2.2 Das Meter

1793 wurde in Frankreich erstmalig ein Meter festgelegt: 1 m ist der 10 Millionste Teil der Strecke Nordpol - Paris - Erdäquator, also vereinfacht gesagt, ein bestimmter Bruchteil eines Erdumfangs.

Damit man nicht ständig zwischen Nordpol, Paris und dem Erdäquator hin- und herrennen muss, entschloss man sich aus Platin einen festen Maßstab von 1m herzustellen, das Urmeter (Bild).

Später ergab sich, dass das Urmeter zu kurz geraten war und auch die Erde keine Kugel darstellt.

Dann wurde das Meter als Vielfache der Wellenlänge von orangenem Licht von Krypton festgelegt, natürlich so, dass es mit der alten Festlegung übereinstimmte, aber nun besser zu reproduzieren war.

Vor 50 Jahren lernte man die Lichtgeschwindigkeit immer genauer zu messen, bis auf 1 m/sec genau. 1975 wurde dann verabredet, dass ab sofort die Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum) nicht mehr gemessen sondern festgelegt wird.

Da auch die Sekunde festgelegt ist, war es nun naheliegend das Meter als die Strecke festzulegen, die ein Lichtstrahl im Vakuum in 1/299 792 458 Sekunde zurücklegt.

Damit haben wir gelernt, wie man die Grundgröße Meter festlegt, aber nicht, was 1 m IST. Einstein sagt uns, dass das, was  wir 1 m nennen, von der Bewegung und dem Gravitationsfeld abhängt.

Dazu in den Zusatzseiten bald mehr...

Im nächsten Post kommen wir dann zum Kilogramm. Aber hier fragen wir auch danach, was denn nun eine Masse von 1 kg ist und nicht nur, wie man 1 kg festlegt.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

P 54: Lösungen

 Aufgabe 1:

Man zieht erst einmal die während der Reaktionszeit gefahrene Strecke ab und stellt für die restliche Strecke  (33 m) das WZG auf. Damit berechnet man die Fahrzeit für diese 33 m.

Das ist eine quadratische Gleichung, von der nur eine Lösung eine brauchbare Zeit liefert.

Mit dieser Zeit kann man dann über das GZG die verbliebene Geschwindigkeit berechnen.


Aufgabe 2:

Aus dem senkrechten Wurf bestimmt man die Abwurfgeschwindigkeit (Höhe bekannt) und berechnet damit aus dem waagerechten Wurf die Wurfweite. Dazu muss man aus dem 1 m Fallstrecke die Fallzeit berechnen.


Aufgabe 3: 

Das ist ein waagerechter Wurf mit bekannter Abwurfhöhe und Abwurfgeschwindigkeit. Man muss erst die Fallzeit berechnen, damit man die Wurfweite erhält.


Aufgabe 4:

Einfach in die Formeln für den schrägen Wurf einsetzen und daran denken, dass die Wurfbahn symmetrisch zum Hochpunkt verläuft (wir haben ja keine Reibung).


Aufgabe 5:

Der Fall des Steines ist eine Fallbewegung, anschließend kommt der Schall mit konstanter Geschwindigkeit zurück.

Für beide Formeln verwendet man verschiedene Zeiten. Die Summe beider Zeiten ist die gemessene Zeit.

Dadurch bleibt eine quadratische Gleichu7ng, aus der man die Fallstrecke berechnen kann.

Ein ausführlich durchgerechnete Lösung findet man hier:

https://www.leifiphysik.de/mechanik/freier-fall-senkrechter-wurf/aufgabe/tiefe-eines-brunnens

Lösung Aufgabe 5

Eine etwas abgewandelte Fragestellung, und dadurch erheblich leichter zu lösen, findet man hier:

https://www.leifiphysik.de/mechanik/freier-fall-senkrechter-wurf/aufgabe/stein-faellt-den-brunnen

Turmfall


Hinweis:

Wir haben auch ein Forum:

https://discord.gg/56ngQmhcCW

Forum zum Mechanik-Kurs

Hier könnt ihr neure Lösungswege posten, wenn Fragen auftauchen...oder auf meine Fehler beim Lösen hinweisen....

Wie geht es weiter?

Am Wochenende beginne ich den Teil 2 zu posten: Einstein denkt über das Fallen nach

Wir werden genauer darüber "reden", was es bedeutet, dass alle Körper gleich schnell fallen. Dazu müssen wir genau fragen, was eigentlich Masse ist. Wir werden auf den Begriff der trägen und der schweren Masse stoßen.

Daraus können wir die Grundidee der Allgemeinen Relativitätstheorie entwickeln.

Etwas mehr zu dieser Theorie wird es dann als Zusatzseite geben.

In den Weihnachtsferien werde ich weiter posten, um etwas vorzuarbeiten und ev. auch Kursen, die schon weiter sind, dann Material zur Verfügung stellen zu können.

Sonntag, 5. Dezember 2021

P 53: Übung macht den Meister

 9. Übungen

Zum Schluss dieses großen Abschnittes einige Übungsaufgaben.

Lest den Text genau durch, denn zuerst müsst ihr herausfinden, um welche Bewegungs- oder Wurfart es sich handelt.

Dann stellt euch die behandelten Formeln zusammen und versucht zu bestimmen, welche Größen bekannt sind oder leicht zu erhalten sind (wie g). Dann identifiziert die gesuchte Größe.

Dadurch müsstet ihr meistens die Aufgabe lösen können.

Aufgabe 1:

Es herrscht Nebel. Ein Auto fährt mit 90 km/h. 58 m vor dem Auto taucht ein ruhendes Hindernis auf. Mit einer Reaktionszeit von 1 sec reagiert der Fahrer und bremst mit 8 m/sec².

Mit welcher Geschwindigkeit prallt das Auto auf das Hindernis auf?

Aufgabe 2:

Eine Abwurfvorrichtung sczleudert einen Körper 200 m hoch. Wie weit kommt der Körper, wenn man waagerecht abschleudert und er nicht mehr als 1 m fallen soll?

Aufgabe 3:

Ein Flugzeug bringt Hilfsgüter zu Seglerinnen, die auf einer einsamen Insel gestrandet sind. Es fliegt in 2 km Höhe mit 500 km/h. Wie weit vor der Insel muss es, unter Vernachlässigung der Luftreibung, die Care-Pakete abwerfen?

Aufgabe 4:

a) Wie hoch und wie weit kommt ein mit v= 20 m/sec unter 20° vom Boden abgeworfener Körper?

b) Unter welchem Winkel und mit welcher Geschwindigkeit kommt er auf?

c) Mit welcher Fallgeschwindigkeit trifft er auf?

Aufgabe 5 (DER Klassiker):

Ein Kind lässt einen Stein in einen Brunnen fallen und hört genau 1,5 sec nach dem Loslassen den Aufprall.

Wie tief ist der Brunnen?

Schallgeschwinhdigkeit: 340 m/sec

 (Bild: wikipedia)

 

 


Donnerstag, 2. Dezember 2021

P 52: Erst die Lösung, dann die Reibung

So auf ein paar der Anregungen möchte ich  noch selbst eingehen:

- Wurfweite und Wurfhöhe werden bei stärkerer Schwerkraft kleiner, d.h. g im Nenner der Formeln für H und W ist sinnvoll.

Auf dem Mond sind W und H größer (siehe Video vom hüpfenden und singenden Astronauten), dort ist g kleiner. Wenn der Nenner kleiner wird, erhält man eine größere Zahl für den Bruch.

- Die Höhe wächst immer mit dem Abwurfwinkel. Je größer dieser ist, desto mehr wird der Anteil der Startgeschwindigkeit in y- Richtung. Und je schneller man nach oben wirft, desto höher kommt man.

- Bei kleinem Abwurfwinkel (flacher Wurf) hat man zwar einen größeren Geschwindigkeitsanteil in x-Richtung, aber der Flug dauert nicht sehr lang (geringe Höhe) und deshalb steht wenig Zeit zur Verfügung in x-Richtung voran zu kommen.

Je steiler der Abwurfwinkel, desto länger die Flugdauer, aber desto kleiner auch die Startgeschwindigkeit in x-Richtung.

Das ist ein Optimierungsproblem: Bei 45° kommt man am weitesten.

Wird der Abwurfwinkel größer, so nimmt zwar die Flugdauer langsam zu, aber die Geschwindigkeit in x- Richtung zu stark ab.

Die Optimierung wird durch Sinus und Cosinus gesteuert...und bei 45° sind beide Funktionen gleichwertig.

- Bei 30° = 45° - 15° liegt die gleiche Wurfweite vor wie bei 60° = 45° + 15°. Das gilt auch für andere zu 45° symmetrisch liegende Winkel.

Wer noch etwas üben möchte:

In P 48 habe ich gezeigt, wie man die Flugbahn beim schrägen Wurf konstruieren kann.

Ihr könnt natürlich auch einfach in der Bahngleichung feste Werte für den Winkel und die Abwurfgeschwindigkeit einsetzen und zu jedem x das y ausrechnen. So kann man auch mit einem Funktionsplotter leicht Flugbahne ausgeben lassen.

8.6.2 Einfluss der Reibung

Luftreibung bremst...das kennt man vom Fahrradfahren...Wir wollen nur kurz auf verschiedene Reibungen eingehen:

Bei kleinen Geschwindigkeiten wächst der Luftwiderstand (die Reibungskraft) proportional zur Geschwindigkeit (Stokesche Reibung).

Wird die Geschwindigkeit größer, so treten Turbulenzen auf. Das erhöht den Luftwiderstand schneller und er wächst mit dem Quadrat der Geschwindigkeit (Newtonsche Reibung).

Die Bahngleichung erhält man dann nur über die Lösung von sog. Differentialgleichungen, das wird in der Schule in der Regel auch in der Q-Phase nicht behandelt.

Schauen wir uns einfach mal die Bahnkurven an:

Erst einmal der Vergleich zwischen reibungsfreier Bewegung und den beiden Reibungsarten:

Im nächsten Bild (wikicommon) sehen wir Bahnkurven bei Stokescher Reibung mit einer Startgeschwindigkeit von 65 m/sec und einer Abwurfhöhe von 2,50 m für verschiedene Abwurfwinkel.


Damit wollen wir es belassen...

Am Wochenende stelle ich noch ein paar Übungsaufgaben zusammen, Anfang der kommenden Woche gibt es Lösungshinweise und dann lassen wir Herrn Einstein ran.



Mittwoch, 1. Dezember 2021

P 51: Auch die Körpergröße spielt eine Rolle!

 8.6 Diskussion

8.6.1 Einfluss des Abwurfwinkels

Schaut euch einmal die Formeln für Wurfweite und Wurfhöhe an, die wir hergeleitet haben:



Warum das Quadrat der Geschwindigkeit hier vorkommt, das werden wir später lernen, das hat etwas mit der Bewegungsenergie E = 1/2*m*v² zu tun.

Die Fallbeschleunigung g ist ein Maß für die Schwerkraft (siehe Kapitel 4.5). Wieso muss g im Nenner stehen?

Wenn der Abwurfwinkel größer wird, steigt der Sinus-Wert. Das Quadrat von Sinus steigt ebenfalls, etwas steiler.

Was erwartet ihr für Wurfweite W und Wurfhöhe H, wenn der Winkel von 0° immer größer bis 90° wird?

Erst, wenn ihr dazu einige Gedanken gemacht habt, dann überprüft eure Ideen an der folgenden Simulation: 

Wie der Abwurfwinkel die Flugbahn beeinflusst, könnt ihr am besten bei der folgenden GeoGebra-Simulation selbst ausprobieren:

https://www.geogebra.org/m/DPjS2FuD

Simulation schräger Wurf

Wenn man zu flach abwirft, kommt man nicht so weit. Das Gleiche gilt für zu steilen Abwurf.

Könnt ihr das anschaulich erklären?

Bei welchem Abwurfwinkel kommt man am weitesten?

Hier gibt es eine interessante Symmetrie. Welche?

Die größte Wurfweite erreicht man, wenn der Sinus des doppelten Abwurfwinkels den Wert 1 hat (ansonsten ist ja der Sinus immer kleiner als 1).

Passt das?

Vielleicht wollt ihr das alles mal selbst draußen ausprobieren?

Dann werdet ihr merken, dass der optimale Abwurfwinkel von der Abwurfhöhe abhängt.

Wenn ihr nicht vom Boden aus abwerft, sondern von einer Anfangshöhe, muss der optimale Winkel immer etwas kleiner als 45° sein.

Je höher der Abwurfort ist, desto kleiner muss der optimale Winkel sein. Es geht dabei aber nur um wenige Grad.

Beim Sport kann noch dazu kommen, dass man nur bei bestimmten Winkeln eine hohe Startgeschwindigkeit erzeugen kann. Dann muss man einen sinnvollen Kompromiss eingehen.

Die Berechnung führt zu weit, aber ich habe ebenfalls eine wunderbare GeoGebra-Simulation gefunden:

https://www.geogebra.org/m/ckZaDjh7

Schräger Wurf aus Abwurfhöhe

Um da wirklich etwas zu erkennen, solltet ihr Abwurfhöhen von einigen Metern wählen und dann die Abwurfwinkel durch die Schieberegler variieren.

Im nächsten Post werde ich die angesprochenen Fragen kurz beantworten und dann einige Beispiele für den Einfluss der Reibung vorstellen.

Dienstag, 30. November 2021

P 50: Manchmal hilft Mathe auch...

 8.5 Ermittlung der Bahngleichung

Dieses Abschnitt sollten vor allem zukünftige LKler ansehen...

Wir haben ja in der Simulation schon Bahnformen beim schrägen Wurf gesehen.

Vernachlässigen wir die Reibung, so sind es nach unten geöffnete verschobene Parabeln.

Wir wollen nun die Gleichung der Flugbahn herleiten.
Dazu benutzen wir wieder unsere Gesetze des schrägen Wurfs:



Wir brauchen nur die beiden WZG:
Um das y in Abhängigkeit zu x zu erhalten (das nennt man dann die Bahngleichung), müssen wir nur die Zeit t in Gl. 2b ersetzen durch die nach t aufgelöste Gleichung 2a.
Dann wird ein bisserl zusammengefasst und umsortiert und für sin/cos der Tangens gesetzt...

Die Gleichung hat die Form y = a*x - b * x².

In der Tat ist das die Gleichung einer umgekehrten Parabel.

Wer gerne Mathematik macht:
Setzt ihr die erste Ableitung y`(x) =0 und löst nach x auf, erhaltet ihr die Lage des Hochpunktes.
Wenn ihr die verdoppelt, kommt ihr auf die Wurfweite.
Ihr könnt aber auch die Funktion y(x) =0 nehmen, die Nullstellen sind der Startpunkt x =0 und die Wurfweite.
Die meisten von euch kennen noch keine Ableitungen, das kommt in E II in Mathe dran, ihr könnt nur die quadratische Gleichung lösen.

Was machen wir im nächsten Post?

Wir werfen mit verschiedenen Winkeln ab. Untersuchen das Ergebnis in einer Simulation, erklären es anschaulich...und dann zeigen wir, das unsere Bahngleichung das auch rein mathematisch erklärt (für die Mathe-Nerds).
Dann üben wir noch ein bisschen...und dann kommt endlich Albert!

Montag, 29. November 2021

P 49: Wir werden formal!

 Die letzten Kapitel sind vor allem für zukünftige LKler interessant und sehr wichtig.

Das zu verstehen, kann auch ein guter Test darüber sein, ob man den zukünftigen Anforderungen eines Physik LKs genügen kann.

Legen wir los!

8.4 Formale Herleitung der Formeln zum schrägen Wurf

Eigentlich haben wir alles schon in 8.2 und 8.3  gemacht, zuerst durch Überlegung an einem Zahlenbeispiel und dann etwas allgemeiner.

Hier möchte ich alle wichtigen Formeln noch einmal ganz formal herleiten.

Wir behandeln einen schrägen Wurf vom Boden aus, ohne jegliche Reibungseffekte.

Wir gehen aus von:

Beim schrägen Wurf müssen wir die Abwurfgeschwindigkeit in die Komponenten in x- und y- Richtung zerlegen.

Damit können wir sowohl für die x- als auch die y- Richtung das WZG und das GWG aufstellen.

Wir erhalten also vier Formeln (2a, 2b sowie 3a und 3b).

Mit diesen Formeln können wir alles berechnen, was wir für den schrägen Wurf herausfinden wollen!

Anmerkung: Wir müssen die Anfangsgeschwindigkeit und den Anfangsort wissen (hier: x =0 und y =0) und bestimmen Geschwindigkeit und Ort zu jeder Zeit der Flugphase.

In Q 3 werdet ihr im Rahmen der Quantenmechanik lernen, dass genau das für Objekte aus dem Mikrokosmos (Elektronen, Protonen) nicht geht. Ort und Geschwindigkeit können nie gemeinsam genau angegeben werden. Ind er Quantenmechanik, d.h. der Mikrowelt, gibt es keine Flugbahnen.

In meinem Unterrichtsblog zur Q3 könnt ihr dann alles dazu lernen:

Lichtmodelle und Quantenmechanik


Zurück zur E-Phase:

Um die Formeln zu verstehen, möchte ich euch an Folgendes erinnern:

Am Ende der Steigzeit ist die Geschwindigkeit in y-Richtung 0.

Damit können wir die Steigzeit ausrechnen.

Mit der Gleichung  2b können wir immer die y-Werte, also die Höhen, zu bestimmten Zeiten ausrechnen. Nehmen wir die Steigzeit für t, so erhalten wir die Wurfhöhe H für y.

Hier gibt es einen mathematischen Trick: Wir haben einen Term und ziehen die Hälfte dieses Terms ab und erhalten den halben Term: 1 Apfel - 1/2 Apfel = 1/2 Apfel...

Lasst es euch schmecken!

Die Flugdauer ist doppelt so lange wie die Steigzeit.

Setzen wir also die doppelte Steigzeit für t in Gl.2a ein, so erhalten wir die Wurfweite W für x.

Auch hier gibt es einen mathematischen Trick, denn wir uns nicht merken müssen (im Abitur wird die Formel dann angegeben): Multipliziert man den Sinus mit dem Cosinus des gleichen  Winkels, so ist das gleich der Hälfte des Sinus des doppelten Winkels.

Für einen Winkel von 45° kann man das leicht überprüfen:

sin 45° * cos 45° = 0,7071* 0,7071 = 1/2 sin 90° = 0,5




Notiert euch diese Herleitungen mit den Anmerkungen in euer Heft.

Erklärt laut redend die Herleitungen!

Ich hab das auch gemacht...








Im nächsten Post lernen wir dann,  (vor allem für die LKler), wie man die Gleichung der Flugbahn aufstellen kann.

Dann werde ich euch Links zum Üben geben und einige Übungsaufgaben und wir kommen endlich zum interessanten Teil der Mechanik, wenn wir Herrn Einstein bitten mitzumachen...



Sonntag, 28. November 2021

P 48: Wir konstruieren die Flugbahn

 8.3 Konstruktion der Flugbahn beim schrägen Wurf

Eigentlich finden hier zwei Bewegungen gleichzeitig statt.

Wären wir fern der Erde zwischen Galaxien in absoluter Schwerelosigkeit oder in der ISS, so würde ein Körper, den wir schräg abwerfen immer geradeaus fliegen...bis er in einer Galaxie landet oder an die Wand der ISS prallt.

Diese Flugbahn können wir leicht als Verlängerung des Startvektors einzeichnen und regelmäßige Abschnitte markieren, z.B. für jede Sekunde eine Markierung machen. Das ist die grüne Gerade im Bild.

Auf der Erde fällt der Körper gleichzeitig nach unten. Für diese reine Fallbewegung gilt unsere Formel  

s = 1/2 * g* t²

Mit g = 10 m/sec² erhalten wir daraus leicht die Fallstrecken nach jeder weiteren Sekunde:

t = 0 sec     s = 0 m

t = 1 sec     s = 5 m

t = 2 sec     s = 20 m

t = 3 Sec    s = 45 m u.s.w., das haben wir ja schon mehrmals berechnet.

Nun zeichnen wir die Fallstrecken an unsere gerade Linie an, verbinden die Endpunkte und haben die Flugbahn (im Bild habe ich das  nicht maßstäblich korrekt gemacht).

Macht es einmal....ruhig für verschiedene Startwinkel. Achtet darauf, dass ihr für alle Geschwindigkeiten den gleichen Maßstab wählt und an die Koordinaten anpasst (nach der 1. Sekunde ist der Körper um 5 m gefallen und hat sich in unserem Fall um 100 m auf seiner geraden Fluglinie weiterbewegt).

Das Prinzip gebe ich noch einmal vor. Aber ohne, dass ihr das mal selbst konstruiert habt, werdet ihr euch das nicht merken....

Wir werden bald lernen, wie man nur mit Koordinatenausrechnen vorgehen kann und auch die Bahngleichung herleiten.

Hier kannst Du auch in einer Simulation verschiedene Flugbahnen erzeugen und ansehen:
https://www.leifiphysik.de/mechanik/waagerechter-und-schraeger-wurf/versuche/schraeger-wurf-simulation

Freitag, 26. November 2021

P 47: Geschickt zerlegt (aktualisiert)

 8.2 Lösung durch Zerlegen der Startgeschwindigkeit

Nochmal die gestellte Aufgabe: Ein Körper wird mit 100 m/sec unter einem Winkel von 60° gegen die Horizontale vom Boden aus schräg nach oben geschossen.

In dieser Aufgabe steckt ein senkrechter Wurf, allerdings nicht mit 100 m/sec als Startgeschwindigkeit, sondern mit 100 m/sec * sin 60° = 86,6 m/sec.

Nun kann man mit unseren bekannten Formeln für den senkrechten Wurf die Steigzeit ausrechnen:

 86,6 m/sec  /  10 m/sec² = 8,66 sec.

Auch die Wurfhöhe ergibt sich mit unserer bekannten Formel zu 1/2 * (86,6 m/sec)² /g = 375 m

Da der Körper schräg fliegt, hat er, obwohl er vom Boden abgeschossen wurde, auch eine Wurfweite.

Dazu müssen wir nur die Flugdauer (das ist das doppelte der Steigzeit, also 17,3 sec) mit der Geschwindigkeitskomponente in x-Richtung multiplizieren:

100 m/sec * cos 60° * 17,3 sec = 866 m

Im folgenden Bild sehen wir die Zerlegung der Anfangsgeschwindigkeit  mit der Zusammenstellung der verwendeten Formeln.

Ich habe mit farbigen Einkreisungen Zusammenhänge deutlich gemacht.

Eine Formel ist neu: Das Produkt aus dem sinus und dem sinus eines Winkels ist gleich dem sinus des doppelten Winkels.

Die nehmen wir einfach hin.

Damit können wir im nächsten Post besser die Zusammenhänge diskutieren.

Seht euch nochmal den Rechenweg oben mit den Zahlen an (und schriebt ihn euch auf). Nichts anderes habe ich hier mit allgemeinen Formeln gemacht.



(Anmerkung: Die Formel lautet: 
sin Winkel * cos Winkel = 1/2 * sin (doppelter Winkel)

Ich habe in einer früheren Version des Posts den Faktor 1/2 vergessen. Nun stimmt es.)


Mittwoch, 24. November 2021

P 46: Nun werfen wir wieder...

 8. Der schräge Wurf

8.1 Problemstellung

Von einem schrägen Wurf sprechen wir, wenn der Abwurfwinkel relativ zum Boden zwischen 0° und 90° liegt. Bei 0° geht er in den waagerechten Wurf über und bei 90° in den senkrechten Wurf.

Nehmen wir wie bei unserem Eingangsbeispiel für den senkrechten Wurf wieder eine Abwurfgeschwindigkeit von 100 m/sec (das ist ja dann eher ein Schießen als Werfen...).

Wir hatten eine Wurfhöhe von 500 m und eine Steigzeit von 10 sec.

Nun "werfen" wir unter einem Winkel von 60° schräg nach oben, wieder direkt vom Boden aus.

Fragen:

Kommt der Körper weiterhin auf 500 m Höhe? Braucht er auch wieder 10 sec für das Aufsteigen?

Er muss ja nicht so hoch fliegen, aber er fliegt auch langsamer nach oben...

Und vergleicht mal mit einem waagerechten Wurf der Abwurfgeschwindigkeit von 100 m/sec:

Auch beim schrägen Wurf gibt es eine Wurfweite. Vergleicht die mal mit der vom waagerechten Wurf.

Versucht nun einmal die Steigzeit und die Wurfhöhe für unseren schrägen Wurf (100 m/sec, 60°) auszurechnen, vielleicht auch die Wurfweite.

Ich gebe euch dazu folgende Tipps:

Ihr könnt die "schräge Bewegung" zerlegen in eine senkrechte Bewegung (in y-Richtung nach oben) und in eine waagerechte Bewegung (in x-Richtung nach rechts).

Dazu müsst ihr nur die Geschwindigkeit von 100 m/sec auf die beiden Richtungen x und y aufteilen.

Natürlich lösen wir in ein paar Tagen die Aufgabe gemeinsam und stellen dann das Formelsystem wieder allgemein zusammen.

Der schräge Wurf wird in späteren Jahrgangsstufen wichtig, wenn Elektronen schräg durch elektrische Felder "geworfen" werden, und das kommt dann auch im Abi dran...Es ist also sinnvoll, das hier schon einmal zu lernen...

Ich denke, auch das von mir ergänzte Bild aus physikunterricht online, kann  euch inspirieren, eine eigene Lösung zu suchen. Achtet darauf: Es ist kein WZD sondern die Darstellung einer Flugbahn!





Montag, 22. November 2021

P 45: Saufen geht gar nicht...

 7.3 Bestimmung der Reaktionszeit

Es gibt einen schönen, einfachen Versuch, mit dem man Reaktionszeiten messen kann, ohne ein Auto zu benutzen. Ihr braucht dazu ein Lineal (möglichst 50 cm lang) und eine Person, die euch unterstützt.

Die Anweisung entnehme ich üblichen Beschreibungen von Ausbildungsworkshops für Fahrschulen:

- Die helfende Person hält das Lineal so, dass es genau bei 0 cm zwischen eurem Daumen und Zeigefinger hängt.

- Dann wird das Lineal plötzlich fallen gelassen. Ihr greift mit den beiden Fingern zu, sobald ihr das merkt.

- Am Lineal könnt ihr die Fallstrecke s ablesen.

Mit Hilfe der Formel s = 1/2*g*t² könnt ihr die Fallzeit t, also eure Reaktionszeit ausrechnen.

Wiederholt den Versuch mehrmals und bildet einen Mittelwert.

Beim zweiten Durchgang lasst ihr euch durch ein Gespräch ablenken oder hört Musik oder telefoniert und bestimmt wieder eure Reaktionszeit.

Und wie ist es, wenn man betrunken ist?

Das könnt ihr ganz einfach feststellen:

Dreht euch vor dem Experiment mindestens 10-Mal schnell im Kreis herum und blickt dabei auf einen festen Punkt am Boden.

Achtung: Zerbrechliche Gegenstände wie antike Vasen oder griechische Statuen sollten nicht in der Nähe stehen.

Unmittelbar danach macht ihr den Versuch erneut.

In der Regel habt ihr deutlich schlechtere Reaktionszeiten.

(Ich hatte mal einen Schüler in der E-Phase, dessen Reaktionszeiten nach den Drehungen waren dreimal besser als bei Konzentration..., wir haben nie herausgefunden, woran es lag...).

AutomobilClubSchweiz ACS