Sonntag, 28. August 2022

Herzlich willkommen zum neuen Schuljahr 22/23

 Auch in diesem Schuljahr kann der Blog verwendet werden. Da allerdings das ständige Zurückgehen auf die ersten Posts nervend ist, habe ich au meiner Homepage www.natur-science-schule.info einen Service eingebaut, den wir auch auf der Homepage www.futurespace.org übernehmen werden.

Mehrmals in der Woche verlinke ich beginnend mit dem ersten Posts nacheinander alle Posts. Dadurch kann man den Lehrgang über die Homepage neu durchlaufen und gleichzeitig aber auch alles andere von diesem Blog nutzen.

Sicherlich gibt es auch noch ergänzende Hinweise auf der Homepage, zusätzliche Videos und Podcasts. Eine Chat-Funktion ist eingerichtet, wenn ich online bin, könnt ihr direkt fragen. Unser Discord ist aber auch weiterhin verfügbar (siehe Link im Blog).

Schaut mal rein:

https://www.natur-science-schule.info/mechanik-kurs-e-phase-22-23

Mechanik-Kurs Schuljahr 22/23


Dienstag, 2. August 2022

Tschüss

 Damit ist der Online-Kurs Mechanik für die E-Phase fertig.

Er hat deutlich andere Schwerpunkte und teilweise auch andere Inhalte als ein "normaler" Mechanikkurs, aber alles, was für die Schule relevant ist wird auch behandelt.

Das Thema Schwingungen wird oft nur in Q2 behandelt.

In meinem Kurs für Q3 und Q4 gehe ich aber auch intensiv auf Schwingungen und Wellen ein.

Auch den gibt es online:

Licht, Atome und Quanten

und hoffentlich bald auch als interaktive Lernplattform.

Bald beginnt das neue Schuljahr.

Dann steht dieser Mechanikkurs wieder zur Verfügung. Mal sehne, ob es mir gelingt, die Posts wieder nacheinander vom ersten her freizuschalten...

P 163: Chaos ist überall

30. Auch Schwingungen können chaotisch sein

 Die Inhalte dieser Informationen werden nicht in Prüfungen oder Klausuren abgefragt. Sie gehören zu aktuellen Entwicklungen der Naturwissenschaften, die erst seit ca. 15 Jahren von Bedeutung sind.

Im Folgenden gibt es einige grundlegende Informationen zum Chaos.

 -          Was ist Chaos?

Immer wenn die Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen nichtlinear sind, können Rückkopplungen auftreten, d.h. Wirkungen können Ursachen verändern. So entstehen Prozesse der Selbstorganisation, die sowohl chaotisch ablaufen aber auch Strukturen erzeugen (wie Galaxienbildung, Ameisenstaaten, Organismen, Evolution, Bewusstsein). Chaos und Strukturen bedingen sich wechselseitig in Entwicklungsprozessen. Sie sind keine Gegensätze sondern verschiedene ständig ineinander übergehende Entwicklungsstadien von komplexen Systemen.

 -          Eigenschaften chaotischer Systeme:

Die Entwicklung chaotischer Systeme verläuft nicht zufällig, sondern ist durch streng determinierte Naturgesetze bestimmt.

Wegen der Nichtlinearität aber hängt die Entwicklung extrem empfindlich von den Anfangsbedingungen ab. Zu Beginn ähnliche Entwicklungen entwickeln sich schnell exponentiell auseinander.

Verändert man einen Systemparameter, so kann das System aus einem stabilen Zustand zwei stabile Zustände und dann vier und dann 8 stabile Zustände machen. Dies nennt man unglücklicherweise eine Periodenverdopplung, es ist besser eine Verdopplung möglicher stabiler Zustände. Das Fachwort heißt Bifurkation (weil das im Feigenbaumdiagramm wie eine Gabel aussieht). Ändert man den Systemparameter weiter, so treten schließlich alle möglichen Zustände auf. Das System verhält sich chaotisch.

Es gibt aber auch noch andere Wege von der Ordnung ins Chaos als den der Periodenverdopplung.

 -          Seltsame Attraktoren:

Die Menge aller möglichen stabilen Endzustände eines Systems nennt man Attraktor. Chaotische Systeme entwickeln sich häufig auf einen solchen Attraktorzustand hin. Dabei aber bleiben die chaotischen Eigenschaften erhalten: Obwohl nur eine begrenzte Anzahl von Endzuständen im Attraktor liegen, laufen die Entwicklungen exponentiell auseinander. Der Attraktor zieht also die Entwicklungen an und schleudert sie dann in seinem begrenzten Inneren exponentiell auseinander. Das geht nur, wenn der Attraktor fraktale Strukturen hat, eben seltsam ist.

 -          Eigenschaften von Fraktalen:

Fraktale sind extrem komplizierte geometrische Gebilde, die aber durch einfache Regeln (und Rückkopplungen) erzeugt werden (ihr habt bestimmt einige bei der Videorückkopplung gesehen). Sie sind wieder in sich selbst zerlegbar, sie sind selbstähnlich, d.h. in jedem Teil von ihnen steckt ein Bild des ganzen (ein Farnzweig sieht entsprechend vergrößert wie ein Farn aus). Fraktale haben gebrochenzahlige Dimensionen, so hat z.B. Kleinfeld 1990 entdeckt, das neuronale Aktivitäten im menschlichen Gehirn fraktale Muster bilden, die die Dimension 1,7 +/- 0,1 besitzen, also fast flächenförmig sind, und deutlich mehr als linear.

 - Feigenbaumdiagramm

Trägt man die möglichen  Endzustände eines chaotischen Systems gegen eine bestimmende Größe auf (das kann bei einem Pendel die Dämpfung sein),  so erhält man das Feigenbaum-Diagramm, an dem man den Übergang ins Chaos durch „Periodenverdopplung“ erkennen kann. Ganz am Ende, wenn alle möglichen Zustände auch als Endzustände vorkommen können, dann ist das System im Chaos.


 -          Phasenraumdarstellung:

Eine weitere Möglichkeit mit Hilfe komplizierter Messungen oder Computersimulationen die Entwicklung eines Systems zu beschreiben sind Phasenraumdarstellungen. Das hat nur manchmal was mit Phasen zu tun, eigentlich werden immer nur zwei verschiedene das System beschreibende Größen gegeneinander aufgetragen.

-   Beispiele:

1)      Der tropfende Wasserhahn

 Bei kleinem Wasserdruck kommen die Tropfen regelmäßig. Erhöht man den Wasserdruck (und damit die Ausströmgeschwindigkeit, das ist der Parameter, verdoppelt sich immer wieder die Tropffrequenz bis es zu einem chaotischen Tropfen kommt, das dann in eine Strömung übergeht.

     2)      Herzschwingungen

Trägt man die Zeit zwischen zwei, drei und vier aufeinander folgenden Herzschlägen in einem Diagramm dreidimensional auf, so erkennt man beim gesunden Herz einen Attraktorbereich, der bei Erkrankung in einen immer breiteren chaotischen Bereich übergeht. Das Herzflimmern ist der komplett chaotische Bereich, es führt meist zum Tod. Die Darstellung des Chaoszustandes der Herzschläge ist inzwischen ein zuverlässigeres Diagnosemittel als das normale EKG. 

 Vielleicht macht so ein Ausflug in aktuelle (physikalische) Forschung auch etwas Spaß!

Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität. In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.

      3) Chaotisches Doppelpendel:

 Hängt man zwei Pendel aneinander und lenkt sie beide auf, so gibt es eine Rückkopplung zwischen den Pendeln, die zu einem chaotischen Verhalten führt.

Das hat Prof. René Matzdorf (Universität Kassel) sehr schön für sein virtuelles Physiklabor aufbereitet.

Es lohnt sich einmal damit zu spielen:

Spielen mit dem chaotischen Doppelpendel

Vielleicht macht so ein Ausflug in aktuelle (physikalische) Forschung auch etwas Spaß!

Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität. In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.

Das Chaos ist die Normalität, die linearen Formeln der Schulphysik nur ein Grenzfall der Realität.

Wer sich mehr mit diesem Thema "Chaos und Fraktale "auseinandersetzen will, ist eingeladen, meinen Online-Workshop mitzumachen:

Komplexe Zahlen, Chaos und Fraktale

Noch ein paar Vokabeln zum Thema:

Vocabulary:

Perturbation     Störung                                    mapping  Abbildung, Funktion

Phase space Phasenraum                                  Self-similiar structure  selbstähnl.Struktur

Trajectory  Bahn im Phasenraum                     Stable orbit  stabile Bahn

Derivation  Ableitung, Änderung                      fractal dimension

 

Donnerstag, 28. Juli 2022

P 162: Gitarren

 29.5 Stimmen und Spielen von Gitarren

Wir wollen diesen Bereich nur kurz anschneiden:

Eine Gitarre besitzt 6 Saiten, die fest eingespannt sind. Jede Saite hat eine Eigenschwingung einer bestimmten Frequenz. Diese Frequenz ist neben dem Material besonders durch die Dicke der Saite bestimmt: dicke Saiten schwingen mit niedrigerer Frequenz als die dünnen Saiten.

Gleichzeitig kann man aber die Eigenfrequenz auch durch Spannen der Saite verändern. Das passiert beim Stimmen.

Dazu sind die Saiten über sog. Wirbel spannbar befestigt.

Bild aus dem von H.Schneider zusammengestellten Material für den FutureSpace.

Wenn man auf einer Saite verschiedene Töne spielen möchte, dann muss man die Länge der Saite ändern. Das macht man durch Abgreifen und Festdrücken der Saite auf den Stegen, die als Bünde bezeichnet werden.

Diese Zusammenhänge könnt ihr besser verstehen, wenn ihr Eigenschwingungen als stehende Wellen behandelt und dann auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen in den Saiten berücksichtigen könnt.

Damit alle Saiten zusammen harmonisch klingen, müssen sie aufeinander abgestimmt werden.

Dazu wird der jeweils gleiche Ton auf zwei Saiten erzeugt. Stimmt die Frequenz genau überein (die Gitarre ist gestimmt), dann hört man einen einzigen Ton. Sobald die beiden Frequenzen auch nur leicht voneinander abweichen, verändert sich die Lautstärke des Tones regelmäßig, schwebend, fast sirenenartig.. Das nennt man eine Schwebung.

Beim Stimmen wird so lange die Spannung einer Saite durch Drehen der Wirbel verändert, bis  man keine Schwebung mehr hört, also wirklich nur ein konstanter Ton zu hören ist.

Ein sehr schönes Video zu Schwebungen hat Ulrich Schütz ins Netz gestellt:


Hier sind es nicht zwei Gitarrensaiten, sondern zwei Stimmgabeln, die durch ein Metallstück abgestimmt werden.

Nun bleibt noch ein letztes kurzes Kapitel zu chaotischen Schwingungen auf unserer Frageliste.




Dienstag, 26. Juli 2022

P 161: Auf die Wirbel, fertig los...

 29.4 Anregungen der Schwingungen

Nehmen wir eine Orgelpfeife. Sie hat, abhängig von ihrer Länge, nur eine bestimmte Grundschwingung bei einer festen Frequenz.

Um diese anzuregen, kann man unsere zwei in Kapitel 28 beschriebenen Methoden verwenden.

- die Luftsäule einmal anstoßen und dann sich selbst überlassen: Das wird schwer fallen...,zumindest bei einer Orgelpfeife. Das aber ist die Anregungsmethode für z.B. Gitarrensaiten  

- die Luftsäule mit ihrer Eigenfrequenz im Resonanzfall anzuregen erfordert ja schon eine Schwingung dieser Frequenz....

Der zweite Fall ist aber realisierbar: In jeder Verwirbelung von Luft stecken alle möglichen Frequenzen. Die vorliegende Eigenfrequenz wird dann Energie aus den Wirbeln abziehen und sich aufschaukeln.

Nach kurzer Einspielzeit ist der Ton da.

Bei einer Flöte z.B. kann man die Länge der schwingungsfähigen Luftsäule, also die Tonhöhe, durch Öffnen und Schließen von Löchern noch verändern.

Eine Orgel besitzt bekanntlich für jeden Ton eine eigene Pfeife.


Montag, 25. Juli 2022

P 160: Gedackt oder nicht gedackt...das ist die Frage!

 29.3 Schwingungen in Orgelpfeifen

Orgeln haben zwar Tastaturen wie ein Klavier, sind aber Blasinstrumente. Ein Blasebalg erzeugt einen Luft-Überdruck im Innenraum. Beim Herunterdrücken der Taste wird ein Ventil geöffnet, dass den Luftstrom zu einer Pfeife lenkt, die dann erklingt.

Jede Pfeife erzeugt den Ton ihrer Grundschwingung und den Klang durch die Oberschwingungen.

Der eintretende Luftstrom wird an einer Schneide (Labium) geteilt und erzeugt Wirbel, die Eigenschwingungen der Pfeife anregen (dazu kommt mehr im nächsten Post).

Der Lufteintritt gilt als offenes Ende.

Ist die Orgelpfeife am oberen Ende auch offen, so schwingen in der Grundschwingung am Eintritt und am oberen Ende zwei Bäuche. In der Mitte befindet sich ein Knoten.

Durch sog. Stimmrollen kann die Länge der Luftsäule leicht verändert werden und so die Orgelpfeife gestimmt werden.

Bei einer gedackten Pfeife ist das obere Ende verschlossen. Somit muss dort ein Knoten sein und dann gibt es nur einen Schwingungsbauch am unteren Ende.



 

Experimentierorgel im FutureSpace

Die nächsten Bilder sind von H.Schneider aus dem Begleitmaterial unserer Reihe Physik und Musik im FutureSpace:

Darstellung des Luftstromes

Grundschwingung in offener und gedackter Pfeife



Vergleich Klaviersaite, offene und gedackte Pfeife: Welche Tonhöhe der Grundschwingungen sind gleich?



Grund-und Oberschwingungen bei offenen und gedackten Pfeifen


Auch offene Pfeifen können gestimmt werden.

Wie auch bei der Klaviersaite ist bei offenen Pfeifen die Zeit zum Synchronisieren t = L/c , wobei L die Pfeifenlänge und c die Schallgeschwindigkeit ist.
Wie bei der Klaviersaite gilt:
Damit sich die Grundschwindung einstellt, muss das Signal einmal zwischen den Knoten hin und her laufen. Die Periodendauer der Grundschwingung ist also P = 2*L/c.
Bei einer gedackten Pfeife "passt" nur eine Viertelschwingung hinein (als Grundschwingung), also ist die Periodendauer dort 4*L/c, also doppelt so groß. Die gedackte Pfeife hat also bei gleicher Länge  einen Ton bei halber Frequenz, also eine Oktave tiefer.

Unsere Experimentierorgel hat nur 2 Oktaven. Die linke ist für die gedackten Holzpfeifen hinten und die rechte Oktave für die offenen Metallpfeifen.

Lauschen wir mal:


Bleibt noch die letzte Frage zu klären...wie sorgen wir dafür, dass die Pfeife den richtigen Ton erzeugt?


Samstag, 23. Juli 2022

P159 Fotos der besonderen Art

 29.2 Momentbilder von Klaviersaiten

Um die weiteren Fragen klären zu können, müssen wir noch eine weitere Darstellungsmöglichkeit von Schwingungen kennenlernen:

Normalerweise stellen wir Schwingungen durch Weg-Zeit-Diagramme des Oszillators dar und können den zeitlichen Ablauf der Schwingung erkennen. Das ist wie eine Filmaufnahme

Bei Eigenschwingungen gibt es beliebig viele nebeneinander liegende Oszillatoren, die alle miteinander abgestimmt schwingen. Da ist es sinnvoller, mit Fotografien die momentane Auslenkung aller Oszillatoren festzuhalten. Auch da erkennt man Sinus-Kurven, es ist aber die Auslenkung verschiedener Oszillatoren  gegen ihren  Ort aufgetragen. Eben ein Bild, ein Momentbild.

Oft zeichnet man gestrichelt noch einige weitere Momentbilder in das gleiche Bild ein.

(Für später: Das ist eine typische Darstellung für eine Welle und wir erklären hier gerade Momentbilder einer stehenden Welle).

Die Stellen, an denen die Oszillatoren mit hoher Amplitude schwingen, nennt man Bauch der Eigenschwingung. Es gibt Stellen, an denen die Oszillatoren stillstehen. Das sind Knoten.

Knoten und Bauch bleiben immer fest an den Orten stehen.

Nun nehmen wir als Beispiel einmal ein Seil, dass fest an beiden Enden eingespannt ist.

Das wäre z.B. eine Klaviersaite oder eine Gitarrensaite.

Das Seil hat eine Eigenschwingung mit einer Eigenfrequenz. Das kann nur so funktionieren, dass an den Enden (man nennt sie feste Enden) der dort sitzende Oszillator immer in Ruhe ist, sich also ein Knoten befindet.

Dann "passt" nur noch ein Bauch dazwischen.

Damit dieser Bauch entsteht, müssen alle Oszillatoren synchron, wenn auch mit unterschiedlichen Amplituden, schwingen. Dass geht nur bei einer bestimmten Frequenz, sonst passt die Synchronisierung nicht. In diesem Bauch schwingen alle Teile der Saite gleichphasig.

Diese Frequenz hängt von der Geschwindigkeit c ab, mit der ein Signal sich längs des Seils ausbreiten kann (bei der Orgelpfeife ist es die Schallgeschwindigkeit) und von der Länge L des Seiles (der Pfeife):

Aus der bekannten Formel s = v*t erhalten wir L = c * t, dabei ist t = L/c die Zeit, die das Synchronisierungssignal (später sagt ihr: die Welle) braucht, um das Seil entlangzulaufen.

Damit sich die Grundschwindung einstellt, muss das Signal einmal zwischen den Knoten hin und her laufen. Die Periodendauer der Grundschwingung ist also P = 2*L/c.


Nun nehmen wir den Fall der ersten Oberschwingung. Synchrones Schwingen geht auch, wenn sich bei zwei festen Enden in der Mitte ebenfalls ein Knoten befindet. Da jetzt der Knotenabstand halbiert ist, benötigt das Synchronisierungssignal zwischen zwei Knoten nur noch die halbe Zeit: Die Periodendauer hat sich halbiert, die Frequenz der ersten Oberschwingung verdoppelt. Der Oberton ist eine Oktave höher.

Es gibt zwei Bäuche, in denen die Saitenteile gegenphasig zueinander schwingen. Das gilt auch bei höheren Oberschwingungen.

Aus dem Begleitmaterial der Lerninseln vom FutureSpace (H.Schneider)

In einer unserer Lerninseln haben wir auch einen Versuch dazu aufgebaut:




Eine Saite schwingt immer in der Grundschwingung und ihren Oberschwingungen. Welche Oberschwingungen wie stark vorkommen, wird durch die Eigenart der Saite festgelegt. So entstehen die unterschiedlichen Klängen von Klavier, Gitarre, Geige...

Und die tiefsten Grundschwingungen der Klaviertasten "ganz links" kann das Klavier gar nicht physikalisch erzeugen. Aber unser Gehirn berechnet die Grundfrequenzen aus den Oberschwingungen und lässt uns den richtigen Grundton "hören". Wir hören Töne, die es nicht gibt...

Siehe auch: 27.4.4 in Post P153:

Atome des Klangs

Im nächsten Post schauen wir nun konkret auf Orgelpfeifen, die haben auf keinen Fall zwei feste Enden, trivial (und zu sehr vereinfacht, aber dennoch hilfreich) gesagt: die Luft muss ja rein und der Ton raus kommen....



Donnerstag, 21. Juli 2022

P 158 Das Auswahlverfahren für Töne: Auf die Länge kommt es an!

 29. Physik und Musik: Spielen und Hören

Vorbemerkung:

In diesem Kapitel versuche ich die Eigenschwingungen einer Luftsäule ohne stehende Wellen zu erklären.

Im Unterricht würden jetzt Wellen als Erscheinungen bei der Ausbreitung von Schwingungen behandelt, dann die Überlagerung von Schwingungen und Wellen, dann die stehenden Wellen als Überlagerung hin-und rücklaufender Wellen...Dabei sind es nur Eigenschwingungen.

Versuchen wir es mal auf dem direkten Weg...

29.1 Eigenschwingungen und Panflöten

In der Musik haben wir viele schwingungsfähige Systeme: Geigensaiten, Felle von Pauken oder Luftsäulen in Flöten und Orgelpfeifen.

Alle erzeugen sie nur bestimmte Töne.

Wir unterscheiden die Töne nach der Tonhöhe, die wir durch die Frequenz, also die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde messen (1 Hz = 1 Schwingung/Sekunde).

Tiefe Töne liegen bei einigen hundert Hz, hohe Töne bei einigen tausend Hz.

Versuch

Blase in eine leere Getränkeflasche, so dass ein Ton entsteht.

Fülle die Flasche schrittweise mit Wasser auf und blase immer erneut gegen den Flaschenkopf.

Was beobachtest Du?

Der Ton entsteht durch eine Schwingung der Luftsäule in der Flasche. Je mehr Wasser drin ist, desto kürzer ist die Luftsäule und desto höher klingt der Ton.

Das kennen wir:

Kleine Orgelpfeifen erzeugen hohe Töne

Bei einer Blockflöte sorge ich durch Schließen der Öffnungen für unterschiedlich hohe Töne. Ist nur die obere Öffnung frei, entsteht ein sehr hoher Ton.

Um höhere Töne auf einer Saite zu erzeugen, greife ich die Saite ab, verkürze sie also.

Zu jeder Länge gibt es also eine Eigenfrequenz. Die zugehörige Schwingung nennt man Grundschwingung.

Das sieht man auch sehr schön an Panflöten.

Normalerweise sind Tasteninstrumente so gestimmt, dass sich die Frequenzen benachbarter Tasten immer um das gleiche Verhältnis unterscheiden. Eine Oktave besteht aus 12 Tasten.

Von einer Oktave zur nächsten steht der Faktor 2 als Frequenzverhältnis.

Damit man das auf 12 benachbarte Tasten verteilt, müssen die Frequenzen benachbarter Tasten ein Verhältnis von der 12.Wurzel aus 2 haben, also etwa 1:1,0594630944...

Das nennt man die gleichstufig temperierte Stimmung.

Um diesen Faktor unterscheiden sich dann auch die Längen von Panflöten, wenn sie temperiert gestimmt sind..

Für Mathematiker: Die Längen  folgen einer geometrischen Reihe, sie  fallen exponentiell ab.

Dann lassen sich aber oft die Frequenzverhältnisse von Akkorden nicht mehr durch Brüche ausdrücken.

Um das zu ermöglichen, gibt es die reine Stimmung, bei der nur rationale Frequenzverhältnisse auftauchen.

Das sieht man dann bei einer Panflöte an der eher unregelmäßigen Folge von Längen.



Leider sind Aufnahmen von Panflöten in beiden Stimmungen, die ich vor 12 Jahren gemacht habe, nicht mehr aufzufinden. Im Netz habe ich wenigstens ein Video gefunden, in dem man die verschiedenen Stimmungen auch mal hören kann:


Jetzt wissen wir (aus Erfahrung), dass verschieden lange Systeme unterschiedlich hohe Töne erzeugen.

Aber wieso?

Und wie regen wir diese Schwingungen an? Wir blasen doch immer gleich in die Panflöte oder die Orgelpfeifen...

Dazu kommen wir im nächsten Post...





Dienstag, 19. Juli 2022

P 157: Selbstdiagnose

 Bevor wir mit den letzten Posts noch einigen Zusatzstoff behandeln, möchte ich euch Gelegenheit geben, mal an einem Selbstdiagnosebogen eure Kenntnisse zu überprüfen:

Klickt den Diagnosebogen an, dann wird er größer und ist gut zu lesen.

Ihr merkt dann selbst, was ihr im Falle einer Prüfung noch einmal intensiver wiederholen müsst.

Was wir hier in EII nicht gemacht haben, was aber zum Stoff über Schwingungen in Q2 für einen LK hinzukommen muss:

Herleitung der Formeln für die Periodendauer

Beschreibung durch eine Differenzialgleichung

Aufstellen und Lösung der Schwinungs-Differenzialgleichung

Mathematische Behandlung des U-Rohres.

Das fällt euch in Q2 mit mehr Mathevorbildung deutlich leichter.

Natürlich fehlt auch noch die komplette Behandlung von Wellen.

Wellen entstehen, wenn Schwingungen aneinander gekoppelt sind.

Das wird auch eher in Q2 behandelt.


Ich möchte in den letzten Posts noch die folgenden interessanten Fragen klären:

Warum erzeugen Musikinstrumente immer nur bestimmte Töne?

Was passiert beim Stimmen einer Gitarre?

Wann werden Schwingungen nicht vorhersagbar: Das Chaos

Wie funktioniert das Hören?


Das beginnen wir in den letzten hessischen Schultagen und führen es während der Ferien zu Ende.


Ab 1.9. beginnen die Posts wieder von vorne, so dass man neu in E1 teilnehmen kann.

Ich hoffe, dass zum Schuljahr 2023/24 dieser Kurs auf der interaktiven Lernplattform von FutureSpace zu finden ist.


Montag, 18. Juli 2022

P 156: Resonanzkatastrophen

 28.3 Resonanzkatastrophen

Das eindrucksvolle Video von der Tacomabrücke ist weltweit bekannt. Was ist da passiert?

Am 1.4. 1940 wurde die Brücke eingeweiht und am 7.11.1940 ging sie bei Windstärke 8 kaputt.

Ich würde es als eine resonanzartige Katastrophe beschreiben. Windwirbel haben die Brücke verstärkt zu Drehschwingungen angeregt. Durch diese, am Anfang wirklich eher als Resonanzeffekt verstärkt, konnte die Brücke einen immer größeren Windwiderstand hervorrufen (sie stellte sich quer zum Wind) und damit vollkommen unabhängig von einer Anregungsfrequenz Energie abziehen und schließlich sich selbst zerstören.

Schon kurz nach der Eröffnung war das Schwingungsproblem bekannt und oft gab es viele Schaulustige.

Die Brücke wurde aber frühzeitig gesperrt. Das Auto gehört einem Messtechniker, der aber die Brücke verlassen hat. Lediglich von dem Hund fehlt jede Spur...

Nach dem Einsturz begann man bei der Brückenkonstruktion auch dynamische Effekte zu berücksichtigen und Tests mit Modellen im Windkanal durchzuführen.

Was passiert bei einer richtigen Resonanzkatastrophe?

Da Anregungsfrequenz und Eigenfrequenz übereinstimmen (Resonanz), wird immer wieder Energie zugeführt. Wenn dies Zufuhr größer ist als die Abfuhr durch Dämpfung, dann wächst die Schwingungsamplitude unermesslich an.

Bei hohen Gebäuden in Erdbebengebieten baut man Schwinger ein, deren Eigenfrequenz gleich den typischen Erdbebenfrequenzen sind. Dadurch nehmen sie besonders viel Energie auf, dämpfen die Schwingung des Gebäudes und das bleibt stehen.

Das Bild (wikimedia) zeigt das Dämpfungspendel im Taipei 101:


Bei Hängebrücken ist es verboten, im Gleichschritt über die Brücke zu gehen. Die Menschengruppe könnte mit der Schrittfrequenz die Eigenfrequenz der Brücke treffen und diese zum Einsturz bringen.

Am 12.4.1831 ist dies bei der Broughton Suspension Bridge passiert, die 40 Soldaten zum Absturz brachten. Am 16.4.1850 fanden 226 Soldaten so bei der einstürzenden Hängebrücke von Angers den Tod.

Angeblich sollen Opernsängerinnen durch Resonanz mit ihrer Stimme Gläser zum Zerbrechen bringen.

Schaut zum Schluss dieses Themas mal in das folgende Video rein:





Donnerstag, 14. Juli 2022

P 155: Das kann zur Katastrophe führen...

 Nun geben wir den Schwung ständig zu...

28.2 Erzwungene Schwingungen

Versuch: 

Nimm ein Pendel in die Hand. Das kann ein Fadenpendel sein, oder auch ein Federpendel.

Bringe durch periodische Bewegungen Deiner Hand das Pendel zum Schwingen.

Zum genaueren Beobachten:

- Stoße das Pendel an und beobachte die Eigenschwingung. Präge Dir ungefähr die Frequenz ein.

- Was passiert, wenn Du das Pendel mit einer zu kleinen Frequenz anregst?

- Woran merkst Du, dass Du mit der richtigen Frequenz arbeitest?

- Was macht das Pendel, wenn Du mit Deiner Hand bei hoher Frequenz ganz schnell zitterst?

Begriffe:

Das Pendel ist der Resonator, es schwingt nur mit seiner Eigenfrequenz.

Die wackelnde Hand ist der Erreger, sie wackelt mit der Erregerfrequenz.

Deutung:

Ist die Erregerfrequenz kleiner als die Eigenfrequenz, so folgt der Resonator der Bewegung des Erregers mit kleiner Amplitude. Erreger und Resonator schwingen gleichphasig.

Je näher die steigende Erregerfrequenz an die Eigenfrequenz des Resonators kommt, desto besser wird Energie übertragen und die Amplitude des Resonators steigt.

Ist die Erregerfrequenz gleich der Eigenfrequenz des Resonators, so schwingt der Resonator mit maximaler Amplitude. Das nennt man den Resonanzfall.  Liegt keine Dämpfung vor, kann sich die Schwingung so aufschaukeln, dass es zur Resonanzkatastrophe kommt.

Die Erregerschwingung läuft nun um 90° der Schwingung des Resonators voraus (cos statt sin). Dadurch kann der Erreger immer den Resonator hinter sich herziehen und optimal Energie übertragen.

Schwingt der Erreger deutlich schneller als es der Eigenfrequenz des Resonators entspricht, so bleibt der Resonator stehen, er ist einfach zu träge für diese schnellen Änderungen.

Die beiden Schwingungen sind jetzt gegenphasig.


Die Abbildung zeigt Resonanzkurven bei verschiedenen Dämpfungen.

Erinnerungen:

Mein erstes Auto war ein VW-Käfer. Da klapperte alles dran... Wenn ich auf der Autobahn immer schneller wurde (damals bis auf traumhafte 110 km/h...), stieg natürlich die Drehzahl, also die Frequenz, des Motors. Je nach Drehzahl kamen bestimmte lockere Teile des Autos in Resonanz.

So wusste ich: Klappert der Außenspiegel, fahre ich 80 km/h. Wenn ein klapperndes Geräusch von der Rückbank kommt, sind es 60 km/h usw...

So konnte ich meine Geschwindigkeit auch ohne Tacho gut einschätzen.

Im nächsten Post gehen wir ausführlich auf Resonanzkatastrophen ein.

Das Video hier ist weltberühmt...kannst Du erklären, was da passiert?



Mittwoch, 13. Juli 2022

P 154 Die Ursache aller Strukturen

 28. Wie kann man ein Pendel zum Schwingen bringen?

Die Antwort ist klar: Man muss dem Pendel Schwung geben. Die Zufuhr von Impuls kann aber auf zwei völlig verschiedene Arten gehen: einmalig und ständig

28.1 Einmalige Zufuhr von Schwung

Bastle Dir aus Schürsenkel und Schlüssel ein einfaches Fadenpendel und hänge es am besten auf.

Auf zwei Arten kannst Du dem Pendel Schwung geben:

- Auslenken und loslassen.

- Anschubsen

Beim ersten Fall kommt der Schwung aus der Gravitation der Erde. Im zweiten Fall kommt der Schwung aus Deinen Muskeln.

Wie stark auch immer der Schwung ist, das Pendel schwingt immer in einer ihm eigenen Frequenz.

Diese Frequenz nennt man Eigenfrequenz und die zugehörige Schwingung Eigenschwingung (in technischer Literatur, insbesondere im Englischen spricht man von Mode, der Schwingungsmode.

Versuche:

Ändere die Pendellänge und ändere jeweils durch An- oder Abhängen von Gegenstanden die Masse m des Pendelkörpers.

Gibt dem Pendelkörper Schwung, wie auch immer. Was beobachtest Du?

Die Masse beeinflusst die Eigenfrequenz nicht (das haben wir schon besprochen: Alle Körper fallen gleich schnell). Aber die Eigenfrequenz hängt von der Pendellänge ab: Je länger das Pendel ist, desto niedriger ist die Eigenfrequenz.

Lange Pendel schwingen langsam.

Es gilt die Formel, die wir später auch herleiten:


Aufgabe: 
Welche Länge muss ein Pendel für die Periodendauer 1 sec auf der Erde und auf dem Mond haben?

Lösungshinweise: Du musst die Formel nach l auflösen, d.h. erst einmal quadrieren:
   P² = 4* π² *l/g, dann nach l auflösen: l = g*P²/(4* π²).
Auf der Erde ist g = 10 m/sec² und auf dem Mond 1/6 so groß.

Damit erhältst Du:
Pendellänge  auf der Erde etwa 25,2 cm

Pendellänge  auf dem Mond etwa 4,2 cm

Von einem Sekundenpendel spricht man blöderweise übrigens, wenn die halbe Schwingung 1 sec dauert.

Wie lang ist also ein Sekundenpendel?

1 m auf der Erde, etwa 17 cm auf dem Mond.

Flächen oder Körper besitzen mehrere Eigenschwingungen, mehrere Moden. Welche man anregt, hängt von der Art der Impulszufuhr ab.

Das wollen wir hier nicht vertiefen.

Wir werden aber bald eine andere Möglichkeit kennenlernen, Eigenschwingungen anzuregen.

Hier Bilder der möglichen Eigenschwingungen einer Metallplatte. Überall da, wo sie nicht (!) schwingt, bleibt drauf gestreuter Sand liegen.



Bild: Physik Uni Oldenburg

Auch das heiße Urknallgas ist 380 000 Jahre nach dem Urknall zu verschiedenen Eigenschwingungen gekommen. Deren Überlagerungen haben ein Netzwerk erzeugt, aus dem sich später die Galaxien gebildet haben.


Diese Aufnahme des Urknallgases mit Mikrowellen zeigt das Muster, was aus der Überlagerung aller Eigenschwingungen entsteht. Aus den blauen Flecken haben sich die Galaxien gebildet.

Dass hier verschiedene Eigenschwingungen vorliegen, erkennt man, wenn man eine Fouriertransformation (siehe Post 153) macht, also ausrechnet, welche Frequenzen mit welchen Amplituden schwingen:


Ist es nicht fantastisch:

Die Strukturen unserer Welt sind aus den Eigenschwingungen des Urknallgases entstanden.

Vertiefen und Üben:

(i) Formuliere „je mehr-desto mehr/weniger“ – Beziehungen zwischen Periodendauer und Pendellänge (vergleiche mit den Ergebnissen des durchgeführten Versuches) bzw. Periodendauer und Stärke des Gravitationsfeldes (fahr zum Mond)

(ii) Erkläre anschaulich mit Hilfe der früheren Posts:

- Die Periodendauer ist unabhängig von der Masse des Pendelkörpers.

- Die Periodendauer nimmt zu, wenn das Pendel länger ist.

- Die Periodendauer nimmt zu, wenn die Schwerkraft kleiner wird.

Tipp: Beschäftige Dich mit der Rückstellkraft

Montag, 11. Juli 2022

In eigener Sache

 Das Schuljahr in Hessen geht zu Ende. Normalerweise kann ich in EII auch die komplette Schwingungslehre und Wellenlehre behandeln.

Hier im Blog habe ich mir mehr Zeit gelassen, wohl auch wissend, dass fast alle Jugendlichen an einem anderen Unterrichtskonzept teilnehmen müssen, bei dem noch nicht einmal Gravitation ausreichend behandelt wird.

Für viele ist deshalb  das Kapitel über Schwingungen eher in Q2 hilfreich.

Ich werde deshalb auch über das hessische Schuljahr hinaus den Abschnitt über Schwingungen zu Ende führen, vielleicht mit 1...2 Posts pro Woche.

Viele Aspekte der Wellenlehre sind in meinem Blog über Q3/Q4 dargestellt:

Er ist über meine Homepage gut erreichbar: https://www.natur-science-schule.info/physik

Zu meinen Unterrichtsblogs

Im neuen Schuljahr startet dieser Mechanik-Blog wieder mit Post 1, ich werde allerdings die Posts teilweise aktualisieren.

In spätestens einem Jahr wird dieser Unterrichtsinhalt interaktiv auf der Lernplattform von FutureSpace abrufbar sein.

Wenn alles gut geht, findet man ab Herbst die Inhalte von Q2/Q3 und Q4 schon interaktiv auf dieser neuen Lernplattform.

Nun geht es erst einmal weiter mit den anderen Fragen über Schwingungen....

P 153: Atome des Klangs

 27.4 Alles ist harmonisch zusammengesetzt

Beliebige periodische und nicht periodische Vorgänge lassen sich durch Überlagerung von sinusförmigen Schwingungen mit bestimmten Frequenzen und Amplituden erzeugen. Nach dem Erfinder Fourier spricht man von Fourier-Analyse oder Fourier-Transformation FT, wenn die Frequenzen und Amplituden derjenigen Sinus- oder Cosínus-Funktionen berechnet werden, die man zur Darstellung des Signals benötigt.

Bevor wir uns mit der  Fourieranalyse kurz beschäftigen, hier erst  weitere Beispiele für harmonische und nicht harmonische Schwingungen:

27.4.1 Harmonisch/nichtharmonisch

Die Schaukel kann sowohl harmonisch als auch nicht-harmonisch schwingen, bei kleinen Auslenkungen ist die Kraft linear zur Auslenkung (die Sinuskurve verläuft praktisch gerade im Bereich um 0°), d.h. die Schwingung ist harmonisch.

Bei großen Auslenkungen ist das Pendel / die Schaukel nicht harmonisch.

Ein Federpendel wird mit einer (linearen) Metallfeder harmonisch sein, mit einem (nicht linearen) Gummiband nicht.

Beim Auto werden oft nicht lineare Schraubenfedern in den Federbeinen eingesetzt.

Kugeln in einer parabelförmigen Schüssel werden harmonisch schwingen, in anderen beliebigen Formen nicht.

  • Harmonische Schwingungen:

Feder-Schwere-Pendel, Fadenpendel (nur bei kleinen Auslenkungswinkeln); Flüssigkeitssäule in einem U-Rohr (typische LK-Abituraufgabe, werden wir noch vorstellen); Spannung bei üblichem Wechselstrom (Thema Q2); Schwingung von Spannung und Stromstärke im elektromagnetischen Schwingkreis (Thema Q2)

  • Nicht-Harmonische Schwingungen:

Hoch- und Runterhüpfen eines Balls/Flummis etc.; Fadenpendel bei großem Auslenkungswinkel

Aber: Jede nichtharmonische Schwingungen lässt sich aus harmonischen Schwingungen zusammensetzen!

27.4.2 Zusammensetzen von Schwingungen

Das Beispiel zeigt, wie man mit Sinuskurven eine Kippschwingung zusammensetzen kann. Die Frequenz wird jeweils verdoppelt, die Amplitude sinnvoll verkleinert. Dann werden alle Auslenkungen aufaddiert.

Die Bilder habe ich mit dem Geogebra-Programm von K. Lindner gemacht, der Link zum Selbstausprobieren steht drunter...






Zusammensetzen zu einer Kippschwingung

27.4.3 Zerlegen in Einzelschwingungen

Wenn ein kompliziertes Signal gegeben ist, kann man mit Hilfe nicht einfacher Rechnungen diejenigen harmonischen Schwingungen bestimmen, durch deren Überlagerung das gegebene Signal entstanden ist.

Beispiele sind in der  Abb. zu sehen:



Die jeweils untere Kurve ist die Fouriertransformierte der darüber stehenden Schwingung. Die Fouriertransformierte gibt an, mit welchem Anteil A (Wert) eine bestimmte Frequenz (x-Wert) vorkommt, man nennt die Darstellung auch das Spektrum des Signals (Anteile nach Frequenz geordnet).

Bei einer reinen Schwingung taucht nur eine Frequenz auf (oberes Bild), bei einer Schwebung natürlich zwei nahe beieinander liegende Schwingungen.

So kann man auch Klangbilder analysieren:

Bei einer Klarinette kommt auch immer die 3-, 5-, 7-, fache Frequenz des Tones vor.

Bei einer Oboe dagegen die 2-, 4-, 6 fache Frequenz und die Schwingung bei der doppelten Frequenz ist stärker als die Schwingung bei der eigentlichen Frequenz des Tones.

27.4.4 Unser Ohr kann Fouriertransformation

Der ankommende Klang wird durch die Härchen im Innenohr in einzelne Frequenzen zerlegt, deren Stärke getrennt wahrgenommen wird. Daraus setzt das Gehirn dann den Klang erneut zusammen.
(Informiere Dich mal in einem Biobuch darüber, wie unser Ohr funktioniert).
Der Klang entsteht also in unserem Gehirn. Das wussten schon Komponisten vor vielen Jahrhunderten. Sie setzen durch das Orchester Schwingunen zusammen, die zu einem neuen Klangbild in dne Zuhörer/innen führten, ohne dass dieser Klang im Raum physikalisch messbar gewesen wäre.
Das gilt noch heute für Klaviertöne:

Im oberen Bild sehen wir das sog. Frequenzspektrum der 75 Hz Schwingung. Besonders stark ist die Schwingung beim sechsfachen Wert (450 Hz), die eigentliche Schwingung bei 75 Hz ist ganz schwach. Dies liegt am Resonanzverhalten des Klaviers. Es ist bei diesen tiefen Frequenzen nicht in Resonanz und die Saitenschwingung wird nicht verstärkt.

Trotzdem hören wir nicht den Ton bei 450 Hz sondern den bei 75 Hz. Unser Gehirn berechnet aus dem Klangbild das Frequenzspektrum und ordnet den Ton richtig zu.

Wird eine Saite bei 50 Hz angeschlagen, so strahlt das Klavier diesen Ton überhaupt nicht ab (unteres Bild). Über die Fourieranalyse erkennt unser Gehirn aber, dass die Saite diesen Ton erzeugen muss und konstruiert die Wahrnehmung!

Wir hören beim Klavierspiel Töne, die es gar nicht gibt!


Entsprechendes gilt auch für Pauken und Kirchenglocken.







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Mittwoch, 6. Juli 2022

P 152: Erst mal die Lösungen...

 Damit ihr nicht blättern müsst, hier nochmal die Aufgaben:

1) Wie groß ist die Auslenkung eines Federpendels nach 17 sec, das zum Zeitpunkt 0 in der Ruhelage startet und mit einer Frequenz von 0,3 Hz bei einer Amplitude von 6 cm schwingt?


Nicht vergessen, den Taschenrechner auf Bogenmaß umzustellen!

Zur Frequenz 0,3 Hz gehört eine Periodendauer von 1/0,3 = 3,33 sec.

Das bedeutet: Nach 17 Sekunden sind 5,1 Perioden abgelaufen und es wird diese Auslenkung erneut angenommen.



2) In einem Kreisbild werden zwei Schwingungen dargestellt, deren Zeiger einen Winkel von 180° einschließen.

Zeichne die beiden WZD in einen Graphen (Amplituden sollen gleich sein, Frequenz beliebig)

Solche Schwingungen nennt man gegenphasig.

Das Bild dazu findet man im schulphysikwiki



3) Wie würden die WZD zweier gleichphasiger Schwingungen aussehen, deren Amplituden sich um einen Faktor 2 unterscheiden.

Kannst Du das Kreisbild dazu zeichnen, mit den Zeigern?



4) Nun sollen die beiden Zeiger einen Winkel von 90° einschließen.

Zeichne das Kreisbild und überlege Dir die WZD.


Um die Kurven zu erzeugen, stell Dir vor, dass sich beide Zeiger gegen den Uhrzeigersinn gemeinsam drehen.
Der Kreis ist nur als Hilfe eingezeichnet, er hat keine Bedeutung mehr.

Letztlich ist eine um 90° phasenverschobene Sinus-Kurve eine Cosinus-Kurve.
Ihr kennt die Formeln:

 sin φ = cos (90° - φ) bzw.  cos φ = sin (90° - φ)
   sin 30° = cos 60° = 0,5
Das wird später wichtig bei erzwungenen Schwingungen und der Resonanz. Eine Cos-Schwingung kann optimal Energie auf eine Sin-Schwingung übertragen: Die cos-Kurve "zieht" die sin-Kurve in ihre Richtung...

Montag, 4. Juli 2022

P 151: Manchmal hilft die Mathematik doch...

 27.2 Sinus und Cosinus am Einheitskreis

Das man über Kreise den Sinus und den Cosinus bekommt, sollte euch eigentlich aus dem Matheunterricht bekannt sein:

Ihr kennt den Einheitskreis, ein Kreis im Koordinatensystem mit dem Radius 1.

Jeder Punkt auf dem Einheitskreis hat die Koordinaten P (cos φ; sin φ), wenn φ der Winkel zwischen positiver x-Achse und der Verbindung von Ursprung und P ist. Diese Verbindungsstrecke nennen wir Zeiger und die Darstellung einer Schwingung durch eine Kreisbewegung nennen wir Zeigerdarstellung. Vielleicht solltest Du die Matheaufzeichnungen der Klasse 10 noch einmal dazu ansehen.

Das kann man sich auch an einem rechtwinkligen Dreieck klarmachen: Die Hypotenuse ist der Radius der Länge 1, die Gegenkathete des Winkels φ ist der Sinus und die Ankathete des Winkels der Cosinus.

Solche Dreiecke lassen sich in allen vier Quadranten konstruieren.

Wenn jetzt der Punkt P auf dem Kreis entlang wandert, ändert sich natürlich der Winkel φ:

Für 0°< φ < 90° (1. Quadrant) kannst Du den Sinus auf de r positiven y-Achse ablesen, den Cosinus auf der positiven x-Achse.

Kommen wir in den 2. Quadranten (90°<φ<180°), so nimmt der Sinus wieder ab und der Cosinus wird negativ (negative x-Achse).

3. Quadrant (180°<φ<270°): Der Sinus (auf der negativen y-Achse wird negativ, der Cosinus bleibt negativ, nähert sich wieder der 0.

4.Quadrant (270°<φ<360°): Nun nähert sich der Sinus auf der negativen y-Achse wieder der 0 und der Cosinus wächst auf der positiven x-Achse bis zum Wert 1 bei 360° = 0°.

Dann beginnt alles wieder von vorne....

Man kann dabei also auch mehrfach herumdrehen.

Beispiel: sin(600°) = sin(600°-360°) = sin(240°) = - 0,8660

Und nun probiert dies mal mit dem schönen GeoGebra-Programm aus. Wir brauchen vorläufig nur die Elongation (Auslenkung) y.

Sinus durch Kreisbewgeung

27.3 Begründung der Schwingungsgleichung

In der Darstellung aus physikunterricht-online.de ist das noch einmal gut zusammengefasst. Ich habe unsere Begriffe eingetragen:

Die y-Koordinate y ist der zurückgelegte Weg s der Pendelmasse.
Deshalb können wir schreiben: s = A * sin φ, dabei ist A die Amplitude der Schwingung (maximale Auslenkung).
In der GeoGebra-Simulation kannst Du sehr schön ausprobieren, dass die Schwingungsamplitude gleich dem Kreisradius ist.

Dreht sich der Zeiger gleichmäßig mit der  konstanten Winkelgeschwindigkeit, so gilt: φ =ω*t und man erhält die Schwingungsgleichung: 

 s(t) = A * sin(ω*t).

Beginnt die Zeigerbewegung zu t = 0 bei dem Startwinkel φ0 , so gilt: 

s(t) = A * sin(ω*t +  φ0)

  φnennt man auch die Anfangsphase der Schwingung, besser den Anfangsphasenwinkel.

Ich habe das mal in einer Skizze dargestellt:



Aufgaben: 
1) Wie groß ist die Auslenkung eines Federpendels nach 17 sec, das zum Zeitpunkt 0 in der Ruhelage startet und mit einer Frequenz von 0,3 Hz bei einer Amplitude von 6 cm schwingt?

2) In einem Kreisbild werden zwei Schwingungen dargestellt, deren Zeiger einen Winkel von 180° einschließen.
Zeichne die beiden WZD in einen Graphen (Amplituden sollen gleich sein, Frequenz beliebig)
Solche Schwingungen nennt man gegenphasig.

3) Wie würden die WZD zweier gleichphasiger Schwingungen aussehen, deren Amplituden sich um einen Faktor 2 unterscheiden.
Kannst Du das Kreisbild dazu zeichnen, mit den Zeigern?

4) Nun sollen die beiden Zeiger einen Winkel von 90° einschließen.
Zeichne das Kreisbild und überlege Dir die WZD.




Sonntag, 3. Juli 2022

P 150: Am liebsten harmonisch!

 27. Wie kann man eine Schwingung beschreiben?

27.1 Harmonische Schwingungen

Wenn man eine Kreisbewegung von der Seite ansieht, erkennt man nur ein Hin- und her...eine Schwingung.

Fachlicher ausgedrückt: Die Projektion einer Kreisbewegung ist eine Schwingung.

In diesem Video ist das wunderbar für eine Federschwingung zu sehen (das Justieren und Abstimmen muss Stunden gedauert haben...):


Aber umgekehrt gilt das nicht: Es gibt Schwingungen, die man nicht als Projektion einer Kreisbewegung darstellen kann (z.B. die Dreiecksschwingung).

Das Weg-Zeit-Diagramm der Projektion einer (gleichförmigen) Kreisbewegung ist eine Sinuskurve. Und solche Schwingungen, also die Sinus-Schwingungen, nennt man auch harmonisch.


 Bild aus leifiphysik

Hier ist r der Kreisradius und y(t) die Auslenkung. Die gelben Pfeile markieren die Projektionsrichtung.

Harmonische Schwingungen sind besonders wichtig, aber auch einfach zu beschreiben: Bei ihnen ist die rücktreibende Kraft immer proportional zur Auslenkung.

Blick einmal zurück: Wann sind Pendelschwingungen harmonisch?

--- Nur bei kleinen Auslenkungen, wenn der Unterschied zwischen dem Bogen und der seitlichen Auslenkung vernachlässigbar ist, also x in etwa so lange ist wie s. Nur der Auslenkungsbogen s und der Auslenkungswinkel φ sind zueinander proportional: s/(2π l) = φ/(2π), hierbei ist der Winkel  φ im Bogenmaß angegeben (2π entspricht dann 360°).

Durch Kürzen erhält man: s = φ * l

l ist also als Pendellänge die Proportionalitätskonstante, wenn man φ im Bogenmaß angibt.

Übrigens: Ganz entsprechende Formeln hatten wir bei der Einführung der Kreisbewegung: s = φ*r).


Federschwingungen sind, so lange die Feder nicht überdehnt wird, immer harmonisch. Und hier kennen wir auch die Federkraft als rücktreibende Kraft: F = D * s  (D: Federkonstante, Hookesches Gesetz).

Also: Das Hookesche Gesetz sorgt für eine harmonische Federschwingung.

In Mathematik hattet ihr eigentlich alles zu diesem Thema. Denn über Kreise habt ihr die Sinusfunktionen für den Winkelbereich bis 360° eingeführt. Nur hat sich da nichts bewegt...und es gab auch keine Verbindung zur physikalischen Welt.

Deshalb wiederholen wir das im nächsten Post nochmal.


Samstag, 2. Juli 2022

P 149: Die gute und die schlechte Seite

 26.4 Positive und negative Rückkopplungen

 Negative Rückkopplungen

Fangen wir mit dem Guten an...

Von negativer Rückkopplung spricht man, wenn die Rückkopplung zu einer Abschwächung der Eigenschaften führt.

Technische ausgereifte Systeme nutzen regelnde Rückkopplungen:

Das System misst die Abweichung eines Istwertes von einem Sollwert und steuert der Abweichung entgegen. Dadurch wird der Sollzustand stabilisiert. Der Rückkopplungskreis wird dann auch Regelkreis genannt. Lebewesen sind solche Systeme, denn zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen müssen bestimmte Eigenschaften stabil gehalten werden: Wenn der Körper zu überhitzen droht, dann schwitzen wir oder hecheln mit der Zunge, wenn wir bellen können...

Friert der Körper, dann erzeugen die Muskeln Zitterbewegungen zur Erwärmung.

Unerwünscht sind oft positive Rückkopplungen, denn sie führen letztlich zu einem Aufschaukeln, zu einer unerwünschten, oft unbegrenzten, Verstärkung. Diesen Effekt kennen wir z.B. bei der Kombination eines Mikrophons mit  einem Lautsprecher.

Kritisch sind positive Rückkopplungen auch  beim Klima auf der Erde:

Steigt die Temperatur, so tauen Permafrostböden auf. Dadurch entweicht das Treibhausgas Methan, dass zu einer weiteren Temperaturerhöhung führt...usw...

Das wärmere Meer kann auch weniger Kohlendioxid speichern, so dass auch hier die Erwärmung verstärkt wird.

Eiszeiten entstehen durch Vereisungen, die mehr Sonnenlicht reflektieren und dadurch eine weitere Abkühlung erzeugen.

Umgekehrt schmilzt Eis bei der Erwärmung wird weniger Sonnenlicht reflektiert und die Erwärmung wird verstärkt.

Solche positiven Rückkopplungen führen zu Kipppunkten im Klimasystem. Sind diese überschritten, ist eine Rückkehr in einen früheren Zustand nahezu ausgeschlossen.

Die Menschheit ist nicht weit von solchen Kipppunkten entfernt...recherchiert hier einmal!

Positive und negative Rückkopplungen liegen dicht beieinander (Respiration: Atmung):

Hamburgerbildungsserver




Freitag, 1. Juli 2022

P 148: Die Globalisierung beginnt

26.3 Die erste Globalisierung

Rückkopplungsprozesse stabilisieren nicht nur Schwingungen, sondern können auch Strukturen erzeugen:  Sie  sind wesentlich bei der Entwicklung von sog. dynamischen Systemen. Durch sie bilden sich Strukturen und Muster. Durch die Rückkopplung der Aktivität der Gehirnneuronen auf das Gehirn selbst (nach ca. 3 „Takten“ ist ein Signal eines Neurons wieder beim gleichen Neuron angekommen, 99,9% der Eingangssignale von Gehirnneuronen stammen von anderen Gehirnneuronen, nur die restlichen 0,1% sind Sinneseindrücke) entsteht die Selbstwahrnehmung des Gehirnes, die wir Bewusstsein nennen.

Die Entdämpfung von Pendelschwingungen durch Rückkopplung hat auch zur ersten Globalisierung geführt:

Um auf dem Seeweg andere Länder/Kontinente (wieder) zu finden, muss man navigieren können. Die geographische Breite lässt sich mit für die damalige Zeit ausreichender Genauigkeit über die Höhe des Polarsternes über dem  Horizont bestimmen. Die geographische Länge erhält man nur über den Zeitvergleich zwischen dem täglichen Höchststand der Sonne beim Schiff und auf einer Landstation mit bekannter Breite. Da es damals noch kein Funk gab, musste man eine Uhr an Bord haben, die die entsprechende Sonnenzeit der Landstation anzeigte.

Frage: Welchen Längenunterschied gibt es, wenn auf dem Schiff zur Zeit des Sonnenhöchststandes die Pendeluhr für die Hafenzeit 11.00 Uhr anzeigt?

Denke daran: 360° Längenunterschied (einmal um die Erde herum) entsprechen 24 Stunden.

Vor 1759 lief Navigieren etwa so ab:

- Segel so lange nach Norden oder Süden, bis Du die gewünschte geographische Breite erreicht hast. Ist das Wetter mehrere Tage schlecht, musst Du eventuell zurücksegeln.

- Dann überleg Dir, ob Du nach rechts oder links abbiegen willst. Hast Du keine Informationen, dann wirf eine Münze.

- Nun segel auf gleicher Breite weiter, bis Du ankommst oder auch nicht....

Die Entdämpfung der Pendeluhrschwingungen ermöglichte also endlich eine Längenmessung und damit den globalen Schiffsverkehr: die Kolonialisierung der Welt (nicht immer zum Vorteil für die betroffenen Völker!)begann. Erfinder war Christiaan Huygens (1656), dessen Namen wir heute für die Impulseinheit kg*m/sec verwenden.

Aber eine Pendeluhr ist noch zu anfällig für Störungen. 1714 hat England ein Preisgeld zur Lösung des Navigationsproblems durch Erfinden einer stabil laufenden Uhr, einer Schiffsuhr, ausgesetzt.

Sein ganzes Leben lang widmete sich der Uhrmacher John Harrison (1693-1776) der Lösung dieser Aufgabe.

Bis 1727 konstruierte er Standuhren, die nur eine Abweichung von 1 Sekunde/Monat hatten.

Dann baute er Schiffsuhren. Die erste, H1, war 1735 fertig und erfolgreich auf einer Seereise nach Lissabon getestet. Aber die Strecke war für die Auszahlung des Preisgeldes zu kurz.

Das beste Modell, die H4, zeigte 1761 auf der 81-tägigen Seereise nach Jamaika nur eine Abweichung von 5 Sekunden.

Durch Intrigen erkannte aber das Preiskomitee diesen Erfolg nicht an. Erst durch Eingreifen des Königs erhielt Harrison 1773, drei Jahre vor seinem Tod, das gesamte  Preisgeld.


Bilder: wikipedia common

Ab 1920 wurde mit Zeitzeichensendern navigiert und heute nutzt man die Navigationssatelliten, wie beim Autofahren.

Weitere Informationen:

Das GPS des Mittelalters

Und hier ein Vortrag von mir zum Thema:




Dienstag, 28. Juni 2022

P 147: Eine Erfindung verändert die Welt

 26.2 Die Pendeluhr

Im Zeitalter von Smart Watches muss man wahrscheinlich eine Pendeluhr im Museum ansehen...

Aber es gab eine Zeit, da war sie eine High Tech - Einrichtung.

Schon früh wurden Uhren erfunden, aber sie blieben schnell stehen, da durch den Energieverlust Schwingungen zu stark gedämpft waren.

Als erstes hat der niederländische Physiker und Mathematiker Christiaan Huygens 1656 ein Verfahren zur Entdämpfung einer Pendeluhr entwickelt.

In einem Gewicht wurde ausreichend Energie für einen langen Betrieb gespeichert (heute übernehmen das Batterien und Solarzellen...). Das Gewicht dreht beim Absinken über eine Welle ein Steigrad das durch die besonders geformten Klauen eines Ankers immer wieder angestoßen wird.

Die Pendeluhr steuert mit Hilfe von Steigrad und Anker selbst die Energiezufuhr aus dem absinkenden Gewicht mit der die Schwingungsenergie konstant gehalten wird.

Wenn das Gewicht unten angekommen ist, muss es wieder hochgezogen werden, sonst würde die Uhr stehen bleiben: Die Uhr wird aufgezogen.

Aber schaut euch das in dieser Animation aus wikipedia common selbst an:

Erklärt laut redend, wie der Mechanismus funktioniert.




Sehr lehrreich ist auch die Darstellung aus leifiphysik:


Man lernte sehr schnell, die Ganggenauigkeit der Pendeluhren durch technische Tricks zu verbessern. Sogar Luftdruck- und Temperaturschwankungen konnten berücksichtigt werden.

Auf Schiffen liefen sie wegen des Seegangs nicht so gut, dennoch waren sie der Anstoß für eine weltweite Entwicklung, die die Menschheit zum ersten Mal total umgekrempelt hat..




Montag, 27. Juni 2022

P 146: Gib mir mal Schwung....

 26. Wie kann man eine Schwingung aufrecht erhalten?

26.1 Rückkopplung

Wenn ein schwingendes System (Oszillator) Energie an die Umgebung abgibt (z.B. durch Reibung), so ist die Schwingung gedämpft, die Amplitude nimmt ab.

Um die Schwingung aufrecht zu erhalten, muss man die abgegebene Energie wieder im richtigen Moment zuführen.

Frage:

Was bedeutet hier: „richtiger Moment“? Erläutere dies an einem auf einer Schaukel sitzendem Kind, das von einer Person immer wieder angestoßen wird, also immer wieder Energie bekommt...


Wenn der Oszillator über eine Steuervorrichtung diese Energiezufuhr aus einem Energiereservoir selbst steuert, spricht man von einer Entdämpfung der Schwingung  durch Rückkopplung.

Das Schema einer Selbststeuerung durch Rückkopplung zeigt die folgende Abbildung: 




Erläutere die Abbildung. Schreib einen kleinen Text, der zu den Elementen der Abbildungen die entsprechenden Objekte beim Schaukeln eines Kindes in Beziehung setzt.

Falls Du keine schaukelnden kleinen Geschwister hast, kannst Du auch spannende Rückkopplungen selbst erzeugen:

-          Versuch zur Videorückkopplung:

Halte eine an einem TV-Gerät angeschlossene Videokamera oder Handy  schräg auf den Bildschirm und stelle durch Zoom den Bildausschnitt so ein, dass der Bildschirm auf sich selbst abgebildet wird. Drehe jetzt die Kamera und betrachte die durch Rückkopplung entstehenden stabilen, periodischen oder chaotischen Muster.

Es gibt nur wenige Beispiele bei YouTube:


 

- Versuch zur Akustik – Rückkopplung:

Halte ein über einen Verstärker angeschlossenes Mikrofon in die Nähe des Lautsprechers. Identifizier die Bauteile in der obigen Abbildung.

Wie hängt die Rückkopplungsfrequenz vom Abstand Lautsprecher-Mikro ab?

Was macht die Rückkopplung? Was ist das Energiereservoir?


Im nächsten Post werden wir sehen, wie die Erfindung der Rückkopplung die Welt verändert hat und zur ersten Globalisierung geführt hat.