26.3 Die erste Globalisierung
Rückkopplungsprozesse stabilisieren nicht nur Schwingungen, sondern können auch Strukturen erzeugen: Sie sind wesentlich bei der Entwicklung von sog. dynamischen Systemen. Durch sie bilden sich Strukturen und Muster. Durch die Rückkopplung der Aktivität der Gehirnneuronen auf das Gehirn selbst (nach ca. 3 „Takten“ ist ein Signal eines Neurons wieder beim gleichen Neuron angekommen, 99,9% der Eingangssignale von Gehirnneuronen stammen von anderen Gehirnneuronen, nur die restlichen 0,1% sind Sinneseindrücke) entsteht die Selbstwahrnehmung des Gehirnes, die wir Bewusstsein nennen.
Die Entdämpfung von Pendelschwingungen durch Rückkopplung hat auch zur ersten Globalisierung geführt:
Um auf dem Seeweg andere Länder/Kontinente (wieder) zu finden, muss man navigieren können. Die geographische Breite lässt sich mit für die damalige Zeit ausreichender Genauigkeit über die Höhe des Polarsternes über dem Horizont bestimmen. Die geographische Länge erhält man nur über den Zeitvergleich zwischen dem täglichen Höchststand der Sonne beim Schiff und auf einer Landstation mit bekannter Breite. Da es damals noch kein Funk gab, musste man eine Uhr an Bord haben, die die entsprechende Sonnenzeit der Landstation anzeigte.
Frage: Welchen Längenunterschied gibt es, wenn auf dem Schiff zur Zeit des Sonnenhöchststandes die Pendeluhr für die Hafenzeit 11.00 Uhr anzeigt?
Denke daran: 360° Längenunterschied (einmal um die Erde herum) entsprechen 24 Stunden.
Vor 1759 lief Navigieren etwa so ab:
- Segel so lange nach Norden oder Süden, bis Du die gewünschte geographische Breite erreicht hast. Ist das Wetter mehrere Tage schlecht, musst Du eventuell zurücksegeln.
- Dann überleg Dir, ob Du nach rechts oder links abbiegen willst. Hast Du keine Informationen, dann wirf eine Münze.
- Nun segel auf gleicher Breite weiter, bis Du ankommst oder auch nicht....
Die Entdämpfung der Pendeluhrschwingungen ermöglichte also endlich eine Längenmessung und damit den globalen Schiffsverkehr: die Kolonialisierung der Welt (nicht immer zum Vorteil für die betroffenen Völker!)begann. Erfinder war Christiaan Huygens (1656), dessen Namen wir heute für die Impulseinheit kg*m/sec verwenden.
Aber eine Pendeluhr ist noch zu anfällig für Störungen. 1714 hat England ein Preisgeld zur Lösung des Navigationsproblems durch Erfinden einer stabil laufenden Uhr, einer Schiffsuhr, ausgesetzt.
Sein ganzes Leben lang widmete sich der Uhrmacher John Harrison (1693-1776) der Lösung dieser Aufgabe.
Bis 1727 konstruierte er Standuhren, die nur eine Abweichung von 1 Sekunde/Monat hatten.
Dann baute er Schiffsuhren. Die erste, H1, war 1735 fertig und erfolgreich auf einer Seereise nach Lissabon getestet. Aber die Strecke war für die Auszahlung des Preisgeldes zu kurz.
Das beste Modell, die H4, zeigte 1761 auf der 81-tägigen Seereise nach Jamaika nur eine Abweichung von 5 Sekunden.
Durch Intrigen erkannte aber das Preiskomitee diesen Erfolg nicht an. Erst durch Eingreifen des Königs erhielt Harrison 1773, drei Jahre vor seinem Tod, das gesamte Preisgeld.
Bilder: wikipedia common
Ab 1920 wurde mit Zeitzeichensendern navigiert und heute nutzt man die Navigationssatelliten, wie beim Autofahren.
Weitere Informationen:
Und hier ein Vortrag von mir zum Thema:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen