15.2 Impuls trägt nur bestimmte Energien
15.2.1 Verunsicherung
Ich denke, es gibt zahlreiche sehr sinnvolle Fragen zum Verhalten der Kugeln beim Newton Cradle.
Gerade gegen Ende des Videos wird es ja richtig komplex.
Wir wollen hier eine grundlegende Frage klären:
Wenn ich links eine oder zwei Kugeln auftreffen lasse, warum fliegen rechts dann genau soviel Kugeln gemeinsam weg wie links gemeinsam gekommen sind?
Das findet ihr irgendwie einleuchtend?
Dann will ich euch mal verunsichern:
Wir nehmen den Fall mit einer einzigen Kugel, die links auftrifft und dann dafür sorgt, dass auch nur eine Kugel rechts wegfliegt.
Die Kugel links hat die Masse m, sie kommt mit der Geschwindigkeit v am Cradle an. Dann ist ihr Impuls p = m*v.
Dieser Impuls wandert durch die Pendelkette hindurch, die letzte Kugel rechts kann ihn nicht weitergeben, sie nimmt ihn auf (ihre Masse ist ja eine Impulskapazität) und setzt ihn in Bewegung um.
Dann fliegt rechts die Kugel mit dem Impuls p = m*v weg.
Es könnten aber doch drei Kugeln sich zusammentun, sie hätten dann die Masse 3m. Würden sie mit einem Drittel der Geschwindigkeit wegfliegen, also 1/3v, so würde der Impulserhaltungssatz wieder erfüllt sein:
m*v = 3m*1/3v
Aber das passiert nicht! Obwohl es der Impulserhaltungssatz erlaubt.
15.2.2 Anschauliche Erklärung
Wie müssen auch an den Energieerhaltungssatz denken. Die Energie der Kugel links (Bewegungsenergie E = 1/2* m*v²) muss auch (Reibung wird vernachlässigt) rechts wieder auftauchen.
Die Geschwindigkeit, die der rechts ankommende Schwung bei drei Massen erzeugt, reicht aber nicht aus!
Der Grund: Schwung ist proportional zur Geschwindigkeit, kinetische Energie proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit.
Damit wäre der Energieerhaltungssatz nicht erfüllt und drei wegfliegende Kugeln kommen deshalb nicht vor.
15.2.3 Formale Erklärung I
Das mit Formeln zu erklären, ist nicht schwierig und leuchtet vielleicht besser ein:
Rechnen wir doch erst einmal aus, welche kinetische Energie denn die drei Kugeln zusammen hätten (Masse 3 m), wenn sie ein Drittel der Geschwindigkeit bekämen (1/3v), wie es der Impulserhaltungssatz erfordert.
E = 1/2* 3m* (1/3*v)² = 1/2*m*v²*1/3. (Achtung: Ich habe einmal einen Faktor 3 gekürzt)
Das ist nur ein Drittel der ankommenden Energie.
Der Impuls schafft es also nicht, 2/3 der ankommenden Energie auf die drei Kugeln zu übertragen.
Bei einer Kugel passt das, deshalb fliegt auch nur eine weg....
15.2.4 Wieviel Energie besitzt der Schwung?
Impuls und Energie sind ganz eng aneinander gekoppelt. Ich leite jetzt eine Formel her, die später oft Anwendung findet und sehr wichtig wird:
Wir beginnen mit der Formel für kinetische Energie E = 1/2*mv². Wir erweitern die rechte Seite mit m/m = 1 und erhalten:
E = 1/2*mv²*m/m = 1/2*(m*v)²/m = 1/2*p²/m, denn p= m*v ist ja der Impuls.
Also:
Der Impuls p trägt immer die kinetische Energie E = 1/2*p²/m mit sich!
15.2.5 Formale Erklärung II
Auch mit dieser Formel können wir das Verhalten der Kugeln erklären:
Auf der linken und der rechten Seite ist der Impuls p gleich. Links liegt die Masse m vor, also ist die kinetische Energie E = 1/2*p²/m.
Rechts liegt aber die Masse 3m vor. Also ist die kinetische Energie rechts E = 1/2*p²/(3m).
Das ist (wie oben) nur ein Drittel der Energie der linken Seite.
Der Rest weiß nicht wohin, also findet der Vorgang mit 3 Kugeln nicht statt.
15.2.6 Allgemeiner Fall
Nun lassen wir links l Kugeln ankommen und überlegen uns wie groß die Zahl r der rechts wegfliegenden Kugeln ist. Die wegfliegenden Kugeln dürfen eine gemeinsame andere Geschwindigkeit u haben. v ist weiterhin die Geschwindigkeit der links ankommenden Kugeln.
Impulserhaltungssatz:
l*m*v = r* m *u, also l*v = r*u
Energieerhaltungssatz:
l*1/2*mv² = r* 1/2*mu², also l*v² = r*u²
Diese beiden Gleichungen müssen zusammen erfüllt sein.
Das geht nur, wenn l=r und u=v ist, also links und rechts jeweils gleich viele Kugeln mit gleicher Geschwindigkeit unterwegs sind.
Die anderen komplizierten Fälle überlasse ich als Übungsaufgabe euch....😜