Dienstag, 2. August 2022

Tschüss

 Damit ist der Online-Kurs Mechanik für die E-Phase fertig.

Er hat deutlich andere Schwerpunkte und teilweise auch andere Inhalte als ein "normaler" Mechanikkurs, aber alles, was für die Schule relevant ist wird auch behandelt.

Das Thema Schwingungen wird oft nur in Q2 behandelt.

In meinem Kurs für Q3 und Q4 gehe ich aber auch intensiv auf Schwingungen und Wellen ein.

Auch den gibt es online:

Licht, Atome und Quanten

und hoffentlich bald auch als interaktive Lernplattform.

Bald beginnt das neue Schuljahr.

Dann steht dieser Mechanikkurs wieder zur Verfügung. Mal sehne, ob es mir gelingt, die Posts wieder nacheinander vom ersten her freizuschalten...

P 163: Chaos ist überall

30. Auch Schwingungen können chaotisch sein

 Die Inhalte dieser Informationen werden nicht in Prüfungen oder Klausuren abgefragt. Sie gehören zu aktuellen Entwicklungen der Naturwissenschaften, die erst seit ca. 15 Jahren von Bedeutung sind.

Im Folgenden gibt es einige grundlegende Informationen zum Chaos.

 -          Was ist Chaos?

Immer wenn die Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen nichtlinear sind, können Rückkopplungen auftreten, d.h. Wirkungen können Ursachen verändern. So entstehen Prozesse der Selbstorganisation, die sowohl chaotisch ablaufen aber auch Strukturen erzeugen (wie Galaxienbildung, Ameisenstaaten, Organismen, Evolution, Bewusstsein). Chaos und Strukturen bedingen sich wechselseitig in Entwicklungsprozessen. Sie sind keine Gegensätze sondern verschiedene ständig ineinander übergehende Entwicklungsstadien von komplexen Systemen.

 -          Eigenschaften chaotischer Systeme:

Die Entwicklung chaotischer Systeme verläuft nicht zufällig, sondern ist durch streng determinierte Naturgesetze bestimmt.

Wegen der Nichtlinearität aber hängt die Entwicklung extrem empfindlich von den Anfangsbedingungen ab. Zu Beginn ähnliche Entwicklungen entwickeln sich schnell exponentiell auseinander.

Verändert man einen Systemparameter, so kann das System aus einem stabilen Zustand zwei stabile Zustände und dann vier und dann 8 stabile Zustände machen. Dies nennt man unglücklicherweise eine Periodenverdopplung, es ist besser eine Verdopplung möglicher stabiler Zustände. Das Fachwort heißt Bifurkation (weil das im Feigenbaumdiagramm wie eine Gabel aussieht). Ändert man den Systemparameter weiter, so treten schließlich alle möglichen Zustände auf. Das System verhält sich chaotisch.

Es gibt aber auch noch andere Wege von der Ordnung ins Chaos als den der Periodenverdopplung.

 -          Seltsame Attraktoren:

Die Menge aller möglichen stabilen Endzustände eines Systems nennt man Attraktor. Chaotische Systeme entwickeln sich häufig auf einen solchen Attraktorzustand hin. Dabei aber bleiben die chaotischen Eigenschaften erhalten: Obwohl nur eine begrenzte Anzahl von Endzuständen im Attraktor liegen, laufen die Entwicklungen exponentiell auseinander. Der Attraktor zieht also die Entwicklungen an und schleudert sie dann in seinem begrenzten Inneren exponentiell auseinander. Das geht nur, wenn der Attraktor fraktale Strukturen hat, eben seltsam ist.

 -          Eigenschaften von Fraktalen:

Fraktale sind extrem komplizierte geometrische Gebilde, die aber durch einfache Regeln (und Rückkopplungen) erzeugt werden (ihr habt bestimmt einige bei der Videorückkopplung gesehen). Sie sind wieder in sich selbst zerlegbar, sie sind selbstähnlich, d.h. in jedem Teil von ihnen steckt ein Bild des ganzen (ein Farnzweig sieht entsprechend vergrößert wie ein Farn aus). Fraktale haben gebrochenzahlige Dimensionen, so hat z.B. Kleinfeld 1990 entdeckt, das neuronale Aktivitäten im menschlichen Gehirn fraktale Muster bilden, die die Dimension 1,7 +/- 0,1 besitzen, also fast flächenförmig sind, und deutlich mehr als linear.

 - Feigenbaumdiagramm

Trägt man die möglichen  Endzustände eines chaotischen Systems gegen eine bestimmende Größe auf (das kann bei einem Pendel die Dämpfung sein),  so erhält man das Feigenbaum-Diagramm, an dem man den Übergang ins Chaos durch „Periodenverdopplung“ erkennen kann. Ganz am Ende, wenn alle möglichen Zustände auch als Endzustände vorkommen können, dann ist das System im Chaos.


 -          Phasenraumdarstellung:

Eine weitere Möglichkeit mit Hilfe komplizierter Messungen oder Computersimulationen die Entwicklung eines Systems zu beschreiben sind Phasenraumdarstellungen. Das hat nur manchmal was mit Phasen zu tun, eigentlich werden immer nur zwei verschiedene das System beschreibende Größen gegeneinander aufgetragen.

-   Beispiele:

1)      Der tropfende Wasserhahn

 Bei kleinem Wasserdruck kommen die Tropfen regelmäßig. Erhöht man den Wasserdruck (und damit die Ausströmgeschwindigkeit, das ist der Parameter, verdoppelt sich immer wieder die Tropffrequenz bis es zu einem chaotischen Tropfen kommt, das dann in eine Strömung übergeht.

     2)      Herzschwingungen

Trägt man die Zeit zwischen zwei, drei und vier aufeinander folgenden Herzschlägen in einem Diagramm dreidimensional auf, so erkennt man beim gesunden Herz einen Attraktorbereich, der bei Erkrankung in einen immer breiteren chaotischen Bereich übergeht. Das Herzflimmern ist der komplett chaotische Bereich, es führt meist zum Tod. Die Darstellung des Chaoszustandes der Herzschläge ist inzwischen ein zuverlässigeres Diagnosemittel als das normale EKG. 

 Vielleicht macht so ein Ausflug in aktuelle (physikalische) Forschung auch etwas Spaß!

Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität. In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.

      3) Chaotisches Doppelpendel:

 Hängt man zwei Pendel aneinander und lenkt sie beide auf, so gibt es eine Rückkopplung zwischen den Pendeln, die zu einem chaotischen Verhalten führt.

Das hat Prof. René Matzdorf (Universität Kassel) sehr schön für sein virtuelles Physiklabor aufbereitet.

Es lohnt sich einmal damit zu spielen:

Spielen mit dem chaotischen Doppelpendel

Vielleicht macht so ein Ausflug in aktuelle (physikalische) Forschung auch etwas Spaß!

Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität. In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.

Das Chaos ist die Normalität, die linearen Formeln der Schulphysik nur ein Grenzfall der Realität.

Wer sich mehr mit diesem Thema "Chaos und Fraktale "auseinandersetzen will, ist eingeladen, meinen Online-Workshop mitzumachen:

Komplexe Zahlen, Chaos und Fraktale

Noch ein paar Vokabeln zum Thema:

Vocabulary:

Perturbation     Störung                                    mapping  Abbildung, Funktion

Phase space Phasenraum                                  Self-similiar structure  selbstähnl.Struktur

Trajectory  Bahn im Phasenraum                     Stable orbit  stabile Bahn

Derivation  Ableitung, Änderung                      fractal dimension