22.5.2 Kepler und die Dunkle Materie
Auch unsere Galaxis besteht zum größten Teil aus nicht sichtbarer Dunkler Materie DM.
Woher wissen wir das?
In den Außenbereichen dreht sich unsere Galaxis so schnell, dass durch die Fliehkraft alle Sterne schon längst weggeflogen wären, würden sie nur von den anderen sichtbaren Sternen angezogen. Unsere Galaxis hätte sich ohne DM schon längst aufgelöst....
Die Sterne werden also von DM auf ihrer Bahn gehalten.
In dieser Kurve soll die Rotationsgeschwindigkeit für verschiedene Abstände vom Zentrum bestimmt werden.
Wieder geht das nur, in dem man die Farbveränderungen beobachtet, die durch die Rotationsbewegungen von leuchtenden Gasen entstehen (Dopplereffekt: zeigt der Geschwindigkeitsvektor von uns fort, beobachtet man eine Rotverschiebung, ansonsten eine Blauverschiebung).
Was war zu erwarten?
Wäre unsere Galaxis eine starre rotierende Scheibe, so würde die Rotationsgeschwindigkeit v proportional zum Abstand r ansteigen: v = ω * r.
Die Formel kennen wir.
Würden alle Sterne wie Planeten um eine zentrale Masse kreisen (Kepler Rotation) so gilt (siehe Post 127):
v = √ ( G * M / r), d.h. die Rotationsgeschwindigkeit nimmt mit der Wurzel aus dem Abstand ab.
Auch diese Formel haben wir hergeleitet.
Was haben Rubin und ihre Studenten gesehen?
In den äußeren Bereichen bleibt die Rotationsgeschwindigkeit nahezu konstant, vollkommen unerwartet..
Das kann nur so erklärt werden, dass weit außen, also da, wo man keine Sterne mehr sieht, große Mengen an DM die schnelle Rotationsbewegung der Sterne verursachen.
Als nächstes (1970) bestimmte sie die Rotationskurve der Andromedagalaxie, unserer großen Nachbargalaxie:
Im Zentrum rotiert sie wie eine starre Scheibe, dann gibt es einen kleinen Bereich mit Kepler Rotation und ab da geht es ab...die DM macht Dampf!
In den Jahren danach hat Rubin die Rotationskurven von vielen anderen Galaxien bestimmt und immer wieder das gleiche Ergebnis gefunden:
In einer Veröffentlichung von 1980 schreibt sie:
"The conclusion is inescapable that non-luminous matter exists beyond the optical galaxy.”
Die Entdeckung Zwickys fast 50 Jahre vorher konnte sie als allgemeines Gesetz bestätigen.
Sie hat die DM nicht entdeckt. Als Rubin ihre Ausbildung begann, war die Idee der DM schon da. Aber sie hat zweifelsfrei die Existenz von DM in den Galaxien nachgewiesen.
Heute vermuten wir, dass DM einen entscheidenden Anteil an der Bildung von kosmischen Strukturen hat. DM bildet ein Netzwerk im Kosmos (das auch beobachtet wird), an deren Knoten sich die sichtbare Materie angelagert hat, konzentriert wurde und Sterne und Galaxien gebildet hat.
Wir leben und sind gefangen in einem gigantischen Netzwerk aus Dunkler Materie.
Alles, was wir über die Gravitation und Kreisbewegungen in diesem Kurs gelernt haben, ermöglicht es uns, diese Erkenntnis nachzuvollziehen.
Die Formel für einen waagerechten Wurf werdet ihr wahrscheinlich nach der Schule nie wieder brauchen, die Erkenntnis in einem Netz aus unsichtbarer Materie zur Existenz gekommen zu sein, solltet ihr nie wieder vergessen.
Das Bild zeigt eine Computersimulation der Strukturbildung im Kosmos durch DM.
Nächste Woche beginnt der letzte große Abschnitt: Schwingungen
Sie spielen in vielen Bereichen der Physik in Q2 und Q3 eine große Rolle. Wir werden das Thema vor allem an Schallschwingungen und Musikinstrumenten entwickeln.