Freitag, 25. März 2022

P106: Wie groß ist die Erde?

 19.4.2 Bestimmung des Erdradius

Wir benötigen den Erdradius für die Bestimmung der Mondentfernung.

Die klassischen Verfahren beruhen auf einer einfachen Beobachtung:

Wenn wir auf der Erdoberfläche längs eines Längengrades immer weiter  nach Norden gehen, sinkt die Sonne am Himmel.

Wenn wir also bei verschiedenen geographischen Breiten, den Unterschied der Mittagshöhen der Sonne messen, so ist dieser gleich dem Breitenunterschied.

Wenn also am Äquator die Sonne im Zenit steht, dann muss sie am Nordpol im Horizont stehen (90° Unterschied).

Die Breitengrade sind auf der Erdoberfläche gedachte parallel Kreislinien, die jeweils 111 km zwischen zwei ganzen Breitengraden Abstand haben.

Durch die Beobachtung der Sonnenhöhe oder die Höhe des Polarsternes bei einer Breitenänderung längs eines Längengrades kann man schnell herausfinden, welche Strecke man auf der Erdoberfläche für eine Änderung von 1° in Breite zurücklegen muss: Es sind 111,3 km.

Nun kann man die Verhältnisgleichung aufstellen:

1°/360° = 111,3 km / (2πR), wobei R der Radius der Erdkugel ist.

Dabei kommt man auf R =6371 km (wenn man genauere Werte benutzt).

Zwei historische Methoden möchte ich ansprechen:

Al-Biruni hat auf einem Berg bekannter Höhe den Winkel zum Horizont am Fuß des Berges gemessen und daraus den Erdradius recht gut bestimmt.

Berühmt geworden ist die Idee von Eratosthenes, 220 Jahre vuZ:

Er hat durch Zufall beobachtet, dass am 21.3. (Frühlingsanfang) sich die Sonne im Brunnenwasser des Brunnens zu Syene spiegelt, sie also genau über ihm stehen muss.

Er wusste von früheren Reisen, dass zu der Zeit ein Obelisk in Alexandria einen Schatten wirft.

Aus der bekannten Höhe des Obelisken konnte er aus der Schattenlänge ausrechnen, dass die Sonne in Alexandria am 21.3. um 7,2° neben dem Zenit steht.

Da Alexandria und Syene auch etwa auf dem gleichen Längengrad liegen (um das zu überprüfen braucht man eine Uhr...), musste der Breitenunterschied beider Städte 7,2° betragen.

Die beiden Städte selbst sind 7000 Stadien (damaliges Längenmaß) voneinander entfernt. 1 Stadion sind etwa 157,5 m.

Berechne mit diesen Angaben den Erdradius (Antwort: 6267 km) und zeige, dass dieser Wert nur 1,6% vom richtigen Wert entfernt liegt.

                  Abbildung Lutz Clausnitzer
Damit hat die Vermessung der Erde begonnen.
Mit einer vermessenen Erde kann man nun die Mondentfernung bestimmen.

Dienstag, 22. März 2022

P 105: Wie lange ist ein Monat?

 19.4 Wie Newton die notwendigen Daten bekommt

19.4.1 Die Umlaufszeit des Mondes

Zur Berechnung der Bahngeschwindigkeit benötigen wir die Umlaufszeit des Mondes um die Erde.

Wir haben einen Monat etwa danach festgelegt, wie lange es von einem Neumondmond zum nächsten dauert. Das sind rund 29,5 Tage. Man nennt das die synodische Umlaufszeit.

Die wahre Umlaufszeit muss aber auf die Sterne bezogen werden, sie heißt deshalb siderische Periode Psid.

Nach 27,3 Tagen steht der Mond von uns aus betrachtet, wieder genau in Richtung eines bestimmten Sternes.

In dieser Zeit hat sich aber die Erde weiter um die Sonne bewegt. Deshalb muss der Mond noch etwas weiter um die Erde laufen, um wieder in die Neumondstellung zu kommen. Das sind die 2,2 Tage, die bis zur synodischen Periode Psyn fehlen.

                                                   Bild: Universität Wien                     

Mathematik dazu:

360°/Psid = 13,2°/Tag  legt der Mond täglich auf seiner Bahn zurück (in Grad angegeben).

360°/365Tage = 0,99 °/Tag  legt die Erde täglich auf ihrer Bahn um die Sonne zurück, bzw. die Sonne am Himmel.

Die Differenz beider Winkel/Tag muss genau den Winkel ergeben, den der Mond pro Tag relativ zur Sonne am Himmel zurücklegt, das sind 360°/Psyn, also 12,2°/Tag.

Damit erhält man die Formel:

360°/Psyn = 360°/Psid - 360°/365Tage

Wir teilen beide Seiten durch 360° und erhalten:

1/Psyn = 1/Psid - 1/365Tage

Diese Formel kannte Newton und er konnte aus der Zeit zwischen zwei Neumonden (Psyn) die richtige Umlaufszeit des Mondes Psid ausrechnen.

Überprüft das mal! Hier müsst natürlich die synodische Periode in tagen angeben und erhaltet dann die Tage der siderischen Periode.

Physik dazu:

360°/P nennen wir eine Winkelgeschwindigkeit ω, ein gedrehter Winkel pro Zeiteinheit (hier Tag).

Die scheinbare Winkelgeschwindigkeit des Mondes relativ zur Erde (360°/Psyn) ist gleich der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten des Mondes und der Erde auf ihren jeweiligen Bahnen.

Ganz einfach formuliert: Die Geschwindigkeit meines Autos relativ zu einem LKW ist die Differenz meiner Geschwindigkeit relativ zur Straße zur LKW-Geschwindigkeit relativ zur Straße. Daran ändert sich auch nichts, wenn wir alle im Kreis fahren.

Auch so kann man die Formel verstehen.




Montag, 21. März 2022

P104 Er hätte noch besser sein können...

Bitte erst die Aufgaben in P103 lesen und zumindest überdenken! 

Über die Lösungen der Aufgaben kommen wir zum Gravitationsgesetz:

a(R) ist die Fallbeschleunigung eines Körpers im Abstand R vom Erdzentrum, also an der Oberfläche. Den Wert kennen wir, den haben wir schon gemessen: g = 9,81 m/sec²

Wir könnten jetzt übrigens die Geschwindigkeit ausrechnen, mit der ein Körper unmittelbar an der Oberfläche um die Erde kreisen müsste, ohne herunter zu fallen: v² = g*R. Wir würden, wenn wir g und den Erdradius einsetzen v = 7,9 km/sec erhalten, das sind 28460 km/h.

Um die Fallbeschleunigung des Mondes, also seine Zentralbeschleunigung, zu bestimmen, müssen wir erst einmal seine Bahngeschwindigkeit kennen:

v = 2*π*r / P, dabei ist P = 27,3 Tage = 2358720 sec und r = 384000 km.

Wir erhalten v = 1,02 km/sec.

Damit erhalten wir nun die angegebene Zentralbeschleunigung am Ort der Mondbahn: 

a(r) = 0,0027 m/sec².

An der Erdoberfläche ist a(R)=g = 9,81m/sec²

Das Verhältnis a(R)/a(r) ist 33633, das ist ungefähr 60²!

Newton fiel auf, dass der Mond etwa 60 Erdradien vom Mittelpunkt der Erde entfernt ist:

r/R = 60

Damit ist r²/R² = 3600 = a(R)/a(r).

Das können wir umstellen: a(r) = a(R) * R²/r² = g* R² * 1/r²

Die Zentralbeschleunigung nimmt also mit dem Quadrat der Entfernung ab: a(r)~1/r².

Newton hat sinnvollerweise vermutet, dass die Zentralbeschleunigung natürlich proportional zur Masse des anziehenden Körpers ist, hier also zur Masse M der Erde.

Also hat er die folgende Proportionalität aufgestellt:

a(r) ~ M/r².

Durch Einfügen einer Proportionalitätskonstante kann man daraus eine Gleichung machen. Wir nennen die Konstante G, denn es ist die Gravitationskonstante:

a(r) = G*M/r².

Ihr seht übrigens, dass die Masse des fallenden Körpers keine Rolle spielt: Alle Körper fallen gleich schnell. An der Erdoberfläche können wir einen Schlüssel fallen lassen und weit draußen,  bei 384400 km, einen ganzen Mond...oder umgekehrt...

Nun müssen wir noch mit der Masse m des Mondes multiplizieren und erhalten die anziehende Kraft, die diese Zentralbeschleunigung hervorruft ( für die Kraft spielt die Masse des fallenden Körpers eine Rolle, das ist ja an der Erdoberfläche die Gewichtskraft):

F = m*a(r) = G * M * m / r²

Das ist Newtons berühmtes Gravitationsgesetz.

Rechnen konnte er damit nicht, denn er kannte die Gravitationskonstante nicht. Noch heute haben wir keine Theorie, die uns eine Berechnung gestattet.

Hätte Newton die Masse der Erde gekannt, dann hätte er G auch ausrechnen können. Er hätte als Abstand den Erdradius R genommen und als Beschleunigung die Fallbeschleunigung g.

Hätte...ja, er hat sogar!

Aus der Dichte der Gesteine und der Größe der Erde hat er sehr gut die Erdmasse abgeschätzt, sehr dicht am heutigen Wert. Aber er hat dieser Schätzung nie vertraut und damit die große Chance vertan, die Kräfte selbst auszurechnen.

Wie man 100 Jahre später die Gravitationskonstante gemessen hat, erfahren wir bald.

G ist eine winzig kleine Zahl, denn die Gravitation ist die schwächste aller Kräfte:

G = 6,6 * 10^-11 N*m²/kg² 

Das wir trotzdem unser eigenes Gewicht spüren, liegt nicht nur an unserem dicken Bauch, sondern an der gewaltigen Masse der Erde: Es braucht schon einen ganzen Planeten, damit wir etwas wiegen...

Wir kennen G auch nur für große Massen und große Abstände. Erst vor einem Jahr ist G im Bereich von mm-Abständen gemessen worden. Und da wir nicht wollen, dass das Gravitationsgesetz bei kosmischen Abständen seine Gültigkeit verliert, haben wir die Dunkle Materie erfunden.

Auch darüber bald mehr...

Wie geht es weiter?

Wir haben jetzt das Gravitationsgesetz gefunden, so ganz nebenbei wichtige Informationen über Kreisbewegungen erfahren.

Noch aber haben wir nicht besprochen, wie man die notwendigen Hilfsgrössen Erdradius, Mondumlaufszeit und Mondentfernung  bestimmt. Die kannte ja Newton schon, sonst hätte er nicht das Verhältnis der Zentralbeschleunigungen bilden können.

Dazu solltet ihr ja recherchieren...

Wir behandeln das in den nächsten Posts.

Abschließend geht es dann an die Messung der Gravitationskonstanten. Und zum Schluss erfahren wir etwas über die Dunkle Materie.