Donnerstag, 14. Juli 2022

P 155: Das kann zur Katastrophe führen...

 Nun geben wir den Schwung ständig zu...

28.2 Erzwungene Schwingungen

Versuch: 

Nimm ein Pendel in die Hand. Das kann ein Fadenpendel sein, oder auch ein Federpendel.

Bringe durch periodische Bewegungen Deiner Hand das Pendel zum Schwingen.

Zum genaueren Beobachten:

- Stoße das Pendel an und beobachte die Eigenschwingung. Präge Dir ungefähr die Frequenz ein.

- Was passiert, wenn Du das Pendel mit einer zu kleinen Frequenz anregst?

- Woran merkst Du, dass Du mit der richtigen Frequenz arbeitest?

- Was macht das Pendel, wenn Du mit Deiner Hand bei hoher Frequenz ganz schnell zitterst?

Begriffe:

Das Pendel ist der Resonator, es schwingt nur mit seiner Eigenfrequenz.

Die wackelnde Hand ist der Erreger, sie wackelt mit der Erregerfrequenz.

Deutung:

Ist die Erregerfrequenz kleiner als die Eigenfrequenz, so folgt der Resonator der Bewegung des Erregers mit kleiner Amplitude. Erreger und Resonator schwingen gleichphasig.

Je näher die steigende Erregerfrequenz an die Eigenfrequenz des Resonators kommt, desto besser wird Energie übertragen und die Amplitude des Resonators steigt.

Ist die Erregerfrequenz gleich der Eigenfrequenz des Resonators, so schwingt der Resonator mit maximaler Amplitude. Das nennt man den Resonanzfall.  Liegt keine Dämpfung vor, kann sich die Schwingung so aufschaukeln, dass es zur Resonanzkatastrophe kommt.

Die Erregerschwingung läuft nun um 90° der Schwingung des Resonators voraus (cos statt sin). Dadurch kann der Erreger immer den Resonator hinter sich herziehen und optimal Energie übertragen.

Schwingt der Erreger deutlich schneller als es der Eigenfrequenz des Resonators entspricht, so bleibt der Resonator stehen, er ist einfach zu träge für diese schnellen Änderungen.

Die beiden Schwingungen sind jetzt gegenphasig.


Die Abbildung zeigt Resonanzkurven bei verschiedenen Dämpfungen.

Erinnerungen:

Mein erstes Auto war ein VW-Käfer. Da klapperte alles dran... Wenn ich auf der Autobahn immer schneller wurde (damals bis auf traumhafte 110 km/h...), stieg natürlich die Drehzahl, also die Frequenz, des Motors. Je nach Drehzahl kamen bestimmte lockere Teile des Autos in Resonanz.

So wusste ich: Klappert der Außenspiegel, fahre ich 80 km/h. Wenn ein klapperndes Geräusch von der Rückbank kommt, sind es 60 km/h usw...

So konnte ich meine Geschwindigkeit auch ohne Tacho gut einschätzen.

Im nächsten Post gehen wir ausführlich auf Resonanzkatastrophen ein.

Das Video hier ist weltberühmt...kannst Du erklären, was da passiert?



Mittwoch, 13. Juli 2022

P 154 Die Ursache aller Strukturen

 28. Wie kann man ein Pendel zum Schwingen bringen?

Die Antwort ist klar: Man muss dem Pendel Schwung geben. Die Zufuhr von Impuls kann aber auf zwei völlig verschiedene Arten gehen: einmalig und ständig

28.1 Einmalige Zufuhr von Schwung

Bastle Dir aus Schürsenkel und Schlüssel ein einfaches Fadenpendel und hänge es am besten auf.

Auf zwei Arten kannst Du dem Pendel Schwung geben:

- Auslenken und loslassen.

- Anschubsen

Beim ersten Fall kommt der Schwung aus der Gravitation der Erde. Im zweiten Fall kommt der Schwung aus Deinen Muskeln.

Wie stark auch immer der Schwung ist, das Pendel schwingt immer in einer ihm eigenen Frequenz.

Diese Frequenz nennt man Eigenfrequenz und die zugehörige Schwingung Eigenschwingung (in technischer Literatur, insbesondere im Englischen spricht man von Mode, der Schwingungsmode.

Versuche:

Ändere die Pendellänge und ändere jeweils durch An- oder Abhängen von Gegenstanden die Masse m des Pendelkörpers.

Gibt dem Pendelkörper Schwung, wie auch immer. Was beobachtest Du?

Die Masse beeinflusst die Eigenfrequenz nicht (das haben wir schon besprochen: Alle Körper fallen gleich schnell). Aber die Eigenfrequenz hängt von der Pendellänge ab: Je länger das Pendel ist, desto niedriger ist die Eigenfrequenz.

Lange Pendel schwingen langsam.

Es gilt die Formel, die wir später auch herleiten:


Aufgabe: 
Welche Länge muss ein Pendel für die Periodendauer 1 sec auf der Erde und auf dem Mond haben?

Lösungshinweise: Du musst die Formel nach l auflösen, d.h. erst einmal quadrieren:
   P² = 4* π² *l/g, dann nach l auflösen: l = g*P²/(4* π²).
Auf der Erde ist g = 10 m/sec² und auf dem Mond 1/6 so groß.

Damit erhältst Du:
Pendellänge  auf der Erde etwa 25,2 cm

Pendellänge  auf dem Mond etwa 4,2 cm

Von einem Sekundenpendel spricht man blöderweise übrigens, wenn die halbe Schwingung 1 sec dauert.

Wie lang ist also ein Sekundenpendel?

1 m auf der Erde, etwa 17 cm auf dem Mond.

Flächen oder Körper besitzen mehrere Eigenschwingungen, mehrere Moden. Welche man anregt, hängt von der Art der Impulszufuhr ab.

Das wollen wir hier nicht vertiefen.

Wir werden aber bald eine andere Möglichkeit kennenlernen, Eigenschwingungen anzuregen.

Hier Bilder der möglichen Eigenschwingungen einer Metallplatte. Überall da, wo sie nicht (!) schwingt, bleibt drauf gestreuter Sand liegen.



Bild: Physik Uni Oldenburg

Auch das heiße Urknallgas ist 380 000 Jahre nach dem Urknall zu verschiedenen Eigenschwingungen gekommen. Deren Überlagerungen haben ein Netzwerk erzeugt, aus dem sich später die Galaxien gebildet haben.


Diese Aufnahme des Urknallgases mit Mikrowellen zeigt das Muster, was aus der Überlagerung aller Eigenschwingungen entsteht. Aus den blauen Flecken haben sich die Galaxien gebildet.

Dass hier verschiedene Eigenschwingungen vorliegen, erkennt man, wenn man eine Fouriertransformation (siehe Post 153) macht, also ausrechnet, welche Frequenzen mit welchen Amplituden schwingen:


Ist es nicht fantastisch:

Die Strukturen unserer Welt sind aus den Eigenschwingungen des Urknallgases entstanden.

Vertiefen und Üben:

(i) Formuliere „je mehr-desto mehr/weniger“ – Beziehungen zwischen Periodendauer und Pendellänge (vergleiche mit den Ergebnissen des durchgeführten Versuches) bzw. Periodendauer und Stärke des Gravitationsfeldes (fahr zum Mond)

(ii) Erkläre anschaulich mit Hilfe der früheren Posts:

- Die Periodendauer ist unabhängig von der Masse des Pendelkörpers.

- Die Periodendauer nimmt zu, wenn das Pendel länger ist.

- Die Periodendauer nimmt zu, wenn die Schwerkraft kleiner wird.

Tipp: Beschäftige Dich mit der Rückstellkraft

Montag, 11. Juli 2022

In eigener Sache

 Das Schuljahr in Hessen geht zu Ende. Normalerweise kann ich in EII auch die komplette Schwingungslehre und Wellenlehre behandeln.

Hier im Blog habe ich mir mehr Zeit gelassen, wohl auch wissend, dass fast alle Jugendlichen an einem anderen Unterrichtskonzept teilnehmen müssen, bei dem noch nicht einmal Gravitation ausreichend behandelt wird.

Für viele ist deshalb  das Kapitel über Schwingungen eher in Q2 hilfreich.

Ich werde deshalb auch über das hessische Schuljahr hinaus den Abschnitt über Schwingungen zu Ende führen, vielleicht mit 1...2 Posts pro Woche.

Viele Aspekte der Wellenlehre sind in meinem Blog über Q3/Q4 dargestellt:

Er ist über meine Homepage gut erreichbar: https://www.natur-science-schule.info/physik

Zu meinen Unterrichtsblogs

Im neuen Schuljahr startet dieser Mechanik-Blog wieder mit Post 1, ich werde allerdings die Posts teilweise aktualisieren.

In spätestens einem Jahr wird dieser Unterrichtsinhalt interaktiv auf der Lernplattform von FutureSpace abrufbar sein.

Wenn alles gut geht, findet man ab Herbst die Inhalte von Q2/Q3 und Q4 schon interaktiv auf dieser neuen Lernplattform.

Nun geht es erst einmal weiter mit den anderen Fragen über Schwingungen....

P 153: Atome des Klangs

 27.4 Alles ist harmonisch zusammengesetzt

Beliebige periodische und nicht periodische Vorgänge lassen sich durch Überlagerung von sinusförmigen Schwingungen mit bestimmten Frequenzen und Amplituden erzeugen. Nach dem Erfinder Fourier spricht man von Fourier-Analyse oder Fourier-Transformation FT, wenn die Frequenzen und Amplituden derjenigen Sinus- oder Cosínus-Funktionen berechnet werden, die man zur Darstellung des Signals benötigt.

Bevor wir uns mit der  Fourieranalyse kurz beschäftigen, hier erst  weitere Beispiele für harmonische und nicht harmonische Schwingungen:

27.4.1 Harmonisch/nichtharmonisch

Die Schaukel kann sowohl harmonisch als auch nicht-harmonisch schwingen, bei kleinen Auslenkungen ist die Kraft linear zur Auslenkung (die Sinuskurve verläuft praktisch gerade im Bereich um 0°), d.h. die Schwingung ist harmonisch.

Bei großen Auslenkungen ist das Pendel / die Schaukel nicht harmonisch.

Ein Federpendel wird mit einer (linearen) Metallfeder harmonisch sein, mit einem (nicht linearen) Gummiband nicht.

Beim Auto werden oft nicht lineare Schraubenfedern in den Federbeinen eingesetzt.

Kugeln in einer parabelförmigen Schüssel werden harmonisch schwingen, in anderen beliebigen Formen nicht.

  • Harmonische Schwingungen:

Feder-Schwere-Pendel, Fadenpendel (nur bei kleinen Auslenkungswinkeln); Flüssigkeitssäule in einem U-Rohr (typische LK-Abituraufgabe, werden wir noch vorstellen); Spannung bei üblichem Wechselstrom (Thema Q2); Schwingung von Spannung und Stromstärke im elektromagnetischen Schwingkreis (Thema Q2)

  • Nicht-Harmonische Schwingungen:

Hoch- und Runterhüpfen eines Balls/Flummis etc.; Fadenpendel bei großem Auslenkungswinkel

Aber: Jede nichtharmonische Schwingungen lässt sich aus harmonischen Schwingungen zusammensetzen!

27.4.2 Zusammensetzen von Schwingungen

Das Beispiel zeigt, wie man mit Sinuskurven eine Kippschwingung zusammensetzen kann. Die Frequenz wird jeweils verdoppelt, die Amplitude sinnvoll verkleinert. Dann werden alle Auslenkungen aufaddiert.

Die Bilder habe ich mit dem Geogebra-Programm von K. Lindner gemacht, der Link zum Selbstausprobieren steht drunter...






Zusammensetzen zu einer Kippschwingung

27.4.3 Zerlegen in Einzelschwingungen

Wenn ein kompliziertes Signal gegeben ist, kann man mit Hilfe nicht einfacher Rechnungen diejenigen harmonischen Schwingungen bestimmen, durch deren Überlagerung das gegebene Signal entstanden ist.

Beispiele sind in der  Abb. zu sehen:



Die jeweils untere Kurve ist die Fouriertransformierte der darüber stehenden Schwingung. Die Fouriertransformierte gibt an, mit welchem Anteil A (Wert) eine bestimmte Frequenz (x-Wert) vorkommt, man nennt die Darstellung auch das Spektrum des Signals (Anteile nach Frequenz geordnet).

Bei einer reinen Schwingung taucht nur eine Frequenz auf (oberes Bild), bei einer Schwebung natürlich zwei nahe beieinander liegende Schwingungen.

So kann man auch Klangbilder analysieren:

Bei einer Klarinette kommt auch immer die 3-, 5-, 7-, fache Frequenz des Tones vor.

Bei einer Oboe dagegen die 2-, 4-, 6 fache Frequenz und die Schwingung bei der doppelten Frequenz ist stärker als die Schwingung bei der eigentlichen Frequenz des Tones.

27.4.4 Unser Ohr kann Fouriertransformation

Der ankommende Klang wird durch die Härchen im Innenohr in einzelne Frequenzen zerlegt, deren Stärke getrennt wahrgenommen wird. Daraus setzt das Gehirn dann den Klang erneut zusammen.
(Informiere Dich mal in einem Biobuch darüber, wie unser Ohr funktioniert).
Der Klang entsteht also in unserem Gehirn. Das wussten schon Komponisten vor vielen Jahrhunderten. Sie setzen durch das Orchester Schwingunen zusammen, die zu einem neuen Klangbild in dne Zuhörer/innen führten, ohne dass dieser Klang im Raum physikalisch messbar gewesen wäre.
Das gilt noch heute für Klaviertöne:

Im oberen Bild sehen wir das sog. Frequenzspektrum der 75 Hz Schwingung. Besonders stark ist die Schwingung beim sechsfachen Wert (450 Hz), die eigentliche Schwingung bei 75 Hz ist ganz schwach. Dies liegt am Resonanzverhalten des Klaviers. Es ist bei diesen tiefen Frequenzen nicht in Resonanz und die Saitenschwingung wird nicht verstärkt.

Trotzdem hören wir nicht den Ton bei 450 Hz sondern den bei 75 Hz. Unser Gehirn berechnet aus dem Klangbild das Frequenzspektrum und ordnet den Ton richtig zu.

Wird eine Saite bei 50 Hz angeschlagen, so strahlt das Klavier diesen Ton überhaupt nicht ab (unteres Bild). Über die Fourieranalyse erkennt unser Gehirn aber, dass die Saite diesen Ton erzeugen muss und konstruiert die Wahrnehmung!

Wir hören beim Klavierspiel Töne, die es gar nicht gibt!


Entsprechendes gilt auch für Pauken und Kirchenglocken.







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