Samstag, 30. April 2022

P 118: Erbseneintopf gegen Hühnersuppe: Wer gewinnt?

 21.4 Rotationsenergie

Ein sich mit der Geschwindigkeit v bewegender Körper, der die (träge) Masse m hat, besitzt die kinetische Energie Ekin = 1/2*m*v².

Wenn wir nun einen rotierenden Körper haben, müssen wir die Geschwindigkeit v durch die Winkelgeschwindigkeit ω ersetzen und die (träge) Masse m durch das Trägheitsmoment θ.

Wir erhalten dann als Rotationsenergie: Erot = 1/2* θ * ω².

Wir haben ja schon erfahren, dass Trägheitsmomente schwer zu berechnen sind.

Für eine gleichmäßig mit der Masse M ausgefüllte Kugel erhält man θ = 2/5 * M * R²  (M= Masse, R = Radius).

Ein gleichmäßig mit Masse ausgefüllter Zylinder hat θ = 1/2*M* R².

Würde sich die Masse M wie ein Planet konzentriert auf einer Umlaufsbahn mit Radius R befinden, so wäre θ = M * R².

Eine Verteilung der Masse auf eine Kugel reduziert das Trägheitsmoment auf 40%, auf einen Zylinder auf die Hälfte.

Ein Zylinder lässt sich also leichter als eine Kugel und diese leichter als ein umkreisender Körper in Drehbewegung versetzen.


Übungsaufgabe:

Der Crabpulsar (Neutronenstern, der aus einer 1054 beobachteten Supernovaexplosion hervorging) hat eine Drehfrequenz f von 30 Hz. Seine Periodendauer nimmt jedes Jahr um 0,01 msec ab.

Sein Radius beträgt 10 km, seine Masse 1,4 Sonnenmassen (2,78*10^30 kg)

        Chandra X-Ray Observatory

Wie groß ist der Verlust an Rotationenergie in einem Jahr?

Vergleiche mit der Leuchtkraft der Sonne von L = 4*10^26 J/sec

Und nun kommen wir zum Dosenrennen.

Moritz hat zwei gleichschwere gleichgroße Dosen in der Hand. In der rechten Hand die Dose mit der Erbsensuppe. Für Nichtkenner von Fertiggerichten: Das ist eigentlich keine Suppe sondern eine nahezu feste Matsche aus allem Möglichen....darunter auch kleine grüne Kugeln...

In der linken Hand (von Moritz aus gesehen!) hält Moritz Hühnersuppe...Auch hier eine Anmerkung: Das ist eigentlich auch keine Suppe, sondern fettiges Wasser, in dem einige wenige Teile von toten Hühnern herumschwimmen...

Beide Dosen rollen jetzt einen Abhang hinunter.

Wer kommt zuerst an? Warum?

Die Geschichte geht aber weiter...

Der Verlierer des Abwärtsrollens rollte aber auf der Ebene dann weiter als die Gewinnersuppe...(ich gebe zu, das ist wegen der leicht auseinander driftenden Bahnen nicht so gut zu erkennen). Woran liegt denn das?

Lösungen im nächsten Post...

Und nu n das Video:




Dienstag, 26. April 2022

P 117 Da kann einem leicht übel werden...

 21.3 Drehimpulserhaltung

Jetzt haben wir alles zusammen, um eines der bekanntesten Erhaltungsgesetze kennenzulernen.

Drehimpulserhaltungssatz: Der Drehimpuls eines Körpers bleibt immer erhalten, vorausgesetzt, es gibt keine äußeren Einflüsse.

Das gilt sogar für den Drehimpulsvektor, also die Richtung: die Drehachse stabilisiert sich selbst im Raum.

Das ist gut so, sonst würden wir beim Fahrradfahren ständig umfallen....

Mir ist dieser Erhaltungssatz  schon als kleines Kind begegnet...da musste ich immer Weihnachten mit meiner Familie Eiskunstlauf ansehen...war Tradition...und da kommen die Pirouetten vor...Läufer/innen bringen sich in Drehung, ziehen die Arme an den Körper und drehen sich schneller...beim eleganten Ausstrecken der Arme bremsen sie ab....


Wenn die Masse also näher an die Drehachse verlagert wird, verringert sich das Trägheitsmoment Θ (für eine Punktmasse ist es ja mit Θ = m*r² sogar durch das Quadrat des Abstandes bestimmt...), da aber der Drehimpuls erhalten bleibt, also L =  Θ * ω sich nicht ändert, muss mit dem Kleinerwerden von  Θ die Winkelgeschwindigkeit ω größer werden. Der Mensch dreht sich schneller...

Aus diesem Grund drehen sich auch die 10 km großen (besser kleinen) Neutronensterne wahnsinnig schnell (teilweise in Millisekunden...), denn sie sind durch den Kollaps eines Überriesensternes entstanden.

Ihr könnt die Erhaltung des Drehimpulses auch selbst spüren...ihr braucht einen gut gelagerten drehbaren Schreibtischstuhl und zwei schwere Massen, die ihr mit ausgestreckten Armen haltet.

Nehmt am besten mit Wasser gefüllte wertvolle Porzellanschüsseln...oder zwei Stativfüße...

Ich führe euch das mit Philipp im Café-Bereich des FutureSpace vor...


Hinterfragt das mal...

Wieso wird Philipp schneller? Wo kommt die Energie her, wo die Kraft zum Beschleunigen...???

Klar, durch die Formel  L =  Θ * ω kann man das erklären, aber verstehen wir es?

Ich möchte hier nur ein paar Hinweise geben, es würde den Rahmen des Kurses sprengen:

Philipp muss, wenn er die Gewichte an sich zieht, Arbeit verrichten (gegen die Fliehkraft). Diese Arbeit wird in erhöhter Rotationsenergie gespeichert.

Genaue Konstruktionen zeigen, dass dabei auch beschleunigende Kräfte in Drehrichtung entstehen....

Aber viel pauschaler, damit einfacher, ergibt sich alles nur aus dem Erhaltungssatz für den Drehimpuls.

Aber wieso gilt der denn?

Auch dafür gibt es eine pauschale Erklärung. Die gebe ich in den nächsten 10 Tagen auf den Zusatzseiten.

Ich habe das schon bei P 70 angekündigt...nun wird es aber Zeit...

Wir haben ja inzwischen drei Erhaltungssätze kennengelernt: Energieerhaltung, Impulserhaltung und Drehimpulserhaltung.

Die haben unmittelbar etwas mit der inneren Struktur von Raum und Zeit zu tun...(siehe Extraseiten (bald)).

Aber erst einmal wollen wir zwei Dosen mit  Eintöpfen richtig durchschütteln...wir kommen zum berühmten Dosen-Wettrennen:

Wer wird gewinnen? Die Erbsensuppe oder die Hühnersuppe?


Sonntag, 24. April 2022

P 116: Planeten haben Drehimpuls

 21.2. Kreisende Punktmassen

Für einen einfachen Fall möchte ich die Formeln einmal herleiten:

Eine (punktförmige) Masse m umläuft  um einen Mittelpunkt M auf einer Kreisbahn im Abstand r.

Bisher haben wir die linearen Größen durch Multiplikation der Kreisgröße mit r erhalten, 

z.B.:  v = ω *r.

Hier ist es genau umgekehrt: Drehimpuls = Impuls der Kreisbewegung längs der Bahn * r, in Formeln also:

   L = p * r

Achtung Lerninterferenz:

Bei den einfachen Kreisgrößen (wie dem Winkel φ und der Winkelgeschwindigkeit ω) muss man diese mit r multiplizieren, um die Bahngrößen s und v zu bekommen.

Bahngeschwindigkeit v = Winkelgeschwindigkeit * r

Bei Drehimpuls (und Drehmoment M, kommt später) ist es umgekehrt: Hier muss man die Bahngrößen mit r multiplizieren, um die Kreisgrößen zu bekommen:

Drehimpuls L = Impuls * r

Drehmoment M = Kraft * r

Man kann sich das notfalls an den Einheiten klar machen. Mein Gehirn erzeugt hier ständig ein Lerninterferenz-Minimum...ich bringe das immer durcheinander...diesen Text habe ich dreimal überarbeiten müssen....

Achtung Mathealarm Vektorrechnung (nur für LKs....)!

Der Impuls p ist ein Vektor, d.h. eine gerichtete Größe. Das ist der Radius auch, denn er zeigt vom Mittelpunkt des Kreises zur Masse. Man spricht vom Radiusvektor.

Wir notieren Vektoren fett, unterstrichen  und kursiv, also p und r sind die Vektoren.

Wenn man zwei Vektoren multipliziert, dann denkt man oft an das Skalarprodukt. Dabei erhält man eine nicht gerichtete, skalare Größe.

Wir kennen das von der Arbeit W, sie ist das Skalarprodukt aus dem Kraftvektor mit dem Wegvektor: 

W = F * s und die Arbeit ist natürlich ungerichtet.

Das kann beim Drehimpuls nicht sein, Drehimpuls (Drehschwung) hat immer eine Richtung!

nach Lexikon der Physik
 Der Drehimpulsvektor L steht senkrecht auf der Bahn. Seine Richtung erhält  man, wenn man die Finger der rechten Hand in Richtung der Drehbewegung krümmt, dann zeigt der Daumen  die Richtung des Drehimpulses an.









Man kann das auch mit der Drei-Finger-Regel beschreiben:

nach wikipedia

Der Daumen der rechten Hand zeigt in Richtung des Radiusvektors, der Zeigefinger in Impulsrichtung, dann zeigt der Mittelfinger die Richtung des Drehimpulsvektors an.

Das geht natürlich nicht mit einem Skalarprodukt. Für diesen Fall gibt es ein spezielles Vektorprodukt oder Kreuzprodukt genannt.

Wie man das ausrechnet, wollen wir hier nicht behandeln, eventuell wird es im Algebrakurs in Mathe besprochen. In Physik wird es euch bei der Lorentzkraft in Q2 begegnen.

Richtig geschrieben: L = r  x  p, das x steht für das besondere Kreuzprodukt. Vektoriell geschrieben, muss der Radiusvektor als erstes im Produkt stehen, denn in seine Richtung muss ja der Daumen gehalten werden.

nach Chemie in der Schule

Im übrigen gilt das auch bei unserer Formel v = ω * r.

Auch die Winkelgeschwindigkeit ist eigentlich ein Vektor, er zeigt längs der Drehachse und lässt sich mit der rechten Hand so bestimmen wie der Drehimpulsvektor.

Die vektoriell richtige Formel wäre also mit dem Kreuzprodukt: v =   ω x r

Probiert das mal mit den drei Fingern der rechten Hand aus. Dabei werdet ihr merken, dass hier r nicht als erstes stehen darf: Daumen in Richtung der Drehachse, Zeigefinger vom Mittelpunkt der Kreisbahn zur Masse. Dann zeigt der Mittelfinger die Richtung der Bahngeschwindigkeit an.

Aber betrachtet das eher als Ergänzungen für Nerds...in meinen LKs habe ich das nie gemacht. In so einem Blog aber kann man ruhig mal etwas mehr Infos bereitstellen.

Ende des Mathealarms

Aber wir lassen hier die Vektoren außen vor...nutzen einfach die skalare Gleichung L = p*r.

Nun ersetzen wir p = m*v und erhalten: L = m*v*r

v aber können wir durch die Winkelgeschwindigkeit ausdrücken: v = ω * r

Damit erhalten wir unsere endgültige Formel für den Drehimpuls unserer Masse m auf ihrer Kreisbahn:

  L = m * r² * ω

Ich habe die Größen umsortiert (wo kommt das Quadrat her?).

Dann könnt ihr mit der Formel: L = θ  * ω vergleichen, θ ist ja unser Trägheitsmoment.

Welches Trägheitsmoment besitzt also die auf einem Kreis mit dem Radius r laufende Masse m?

Antwort:   θ = m* r²

Ihr seht also, dass die Trägheit quadratisch mit dem Abstand vom Drehzentrum ansteigt.