Mittwoch, 27. Oktober 2021

P 34: Eine Schwerkraftreise durch den Kosmos

 Ich hatte die Lösung der kleinen Aufgabe vergessen: Wenn etwas aus 3,54 m herunterfällt, trifft es mit 30 km/h am Boden auf.

Ihr würdet einen solchen Sturz bestimmt nicht mit den Armen abfangen, aber viele denken, wenn ein Auto irgendwo mit 30 km/h aufprallt, könnten sie sich mit den Armen am Lenkrad abstützen...

4.4.5 g-Werte in anderen Teilen des Universums

Bleiben wir aber erst einmal auf der Erde.

Erde

Wir werden bald lernen (wenn Newton zu uns stößt), wie man g aus der Masse und dem Radius eines Himmelskörpers berechnen  kann.

Wäre die Erde eine homogene Kugel, so würden an ihrer Oberfläche alle Körper immer mit der gleichen Beschleunigung herunterfallen.

Aber die Erde ist abgeplattet. Orte an den Polen liegen dichter am Mittelpunkt, die am Äquator weiter weg. Die Radien unterscheiden sich um 21 km.

Zusätzlich befindet sich etwas mehr Masse in d r Äquatorregion.

Der etwas größere Äquatorradius führt zu einer Abnahme von g, die etwas größere Masse am Äquator zu einer Zunahme. Aber auch die sog. Fliehkraft durch die Erdrotation wirkt am Erdäquator besonders stark und führt zu kleineren  Fallbeschleunigungen.

Insgesamt ergibt sich:

Fallbeschleunigung am Pol: 9,83 m/sec²

Fallbeschleunigung am Erdäquator: 9,78 m/sec²

Wenn wir 9,8 m/sec² annehmen, ist das ein guter Mittelwert. Für Schulübungen reicht auch 10 m/sec² als Näherung aus.

Mit sehr präzisen Messungen kann man auch Erzlagerstätten durch einen erhöhten g-Wert finden und den Einfluss von Gebirgen auf die Fallbewegung untersuchen.

Mond

Hier ist g etwa 1/6 so groß wie auf der Erde, liegt also bei 1,6 m/sec².

Das sieht man am langsam fallenden Hammer im Video in Post 28  aber auch an den Sprüngen der Astronauten auf dem Mond.


Mars:

Hier beträgt g = 3,7 m/sec², durchaus angenehm für zukünftige Bewohner und eine Hilfe für den ersten Marshelikopter:


Wer findet hier den fliegenden Heli?

credit: NASA/JPL

Jupiter:

An der Außengrenze der dichten Wolken liegt g bei 24,8 m/sec².


 Sonne:

Sie hat keine Oberfläche auf die man sich beziehen könnte. Ihre dichteren Gasschichten enden in der 400 km dicken Photosphäre, aus der das Licht kommt. Hier ist g = 274 m/sec².

Ein Blick auf die Sonne am 27.10.2021 (credit: SOHO-Satellit):


 Die Sonnenflecken (in Magnetfeldern abgekühlte Gebiete) sind größer als unsere Erde!

Weiße Zwerge:

In 5 Milliarden Jahren wird die Sonne sich zu einem erdgroßen Weißen Zwerg zusammenziehen und erkalten. An seiner Oberfläche liegt g = 3 Millionen m/sec² vor.

 

Größenvergleiche (Uni Regensburg)

Neutronensterne:

Massereichere Sterne enden als 10 km große Neutronenklumpen. Ihre Fallbeschleunigung liegt bei 2 Billionen m/sec².


 Größenvergleich 10 km großer Neutronenstern auf der Erde (MPG)

Schwarze Löcher:

Wer jetzt meint g ist unendlich groß, liegt falsch.

Wir fassen den sog. Ereignishorizont als Grenze des Schwarzen Loches auf. Ab diesem Bereich kann nichts mehr nach Außen dringen.

Wäre die Sonne ein Schwarzes Loch, wäre sie etwa 1,5 km groß und hätte g = 60 Trillionen m/sec².

In den Zentren der Galaxien sitzen supermassive Schwarze Löcher mit Milliarden Sonnenmassen und Größen von Milliarden km. An deren Ereignishorizont ist g = 15  000 m/sec².

Hier ein Bild des Schattens eines supermassiven Schwarzen Loches im Zentrum der Galaxie M87 (EHT):


 Man erkennt recht gut auch die Fallkurven von Materie, die in das Schwarze Loch stürzt.

Das Gefährliche an Schwarzen Löchern ist, dass sich g schon längs kurzer Strecken so stark ändert, dass alles was reinfällt, auseinandergerissen wird. Man nennt das Spaghettisierung (Bild:NASA).

Deine Füße fallen um ein Vielfaches schneller als Dein Kopf. Das tut weh!


In den nächsten Posts behandeln wir dann wieder den Pflichtstoff: Würfe in alle Richtungen...damit ihr später auch Elektronen durch elektrische und magnetische Felder werfen könnt, und das wird im Abitur abgefragt...



Dienstag, 26. Oktober 2021

P 33: Profis am Werk

 4.4.4 Fallturm im Kleinen

Im SFN in Kassel haben wir auch einen kleinen "Fallturm", etwa 15 m hoch.

Dort haben die damaligen Schüler Christoph Mayer, Johannes Korff und Philipp Lehmann untersuchen wollen, wie sich eine Wasserbrücke in Schwerelosigkeit verhält.

 


(Zur Info: Wasser bildet eine Hängebrücke zwischen zwei Gläsern, wenn man eine sehr hohe Spannung anlegt. Das Bild zeigt eine Wasserbrücke im Labor.)

Wir werden bald sehen, dass eine solche Schwerelosigkeit (besser Mikrogravitation) innerhalb von fallenden Körpern vorliegt, vorausgesetzt sie fallen genau mit der Fallbeschleunigung. Das geht nur, wenn es keinerlei Abbremsung gibt, also keine Reibung in Luft..

Deshalb pumpt man ja im Bremer Fallturm die Luft aus der 115 m hohen Röhre raus.

Das ging bei uns nicht. Deshalb haben die drei Schüler  das Zwei-Kapsel-System genutzt:

Eine äußere Fallkapsel nimmt die Luftreibung auf, in ihrem Inneren fällt eine kleinere Kapsel mit, sozusagen gemeinsam mit der umgebenden Luft.

Die innere Kapsel verspürt also keine Reibung und wird etwas stärker beschleunigt als die äußere Kapsel.

Nun muss man nur noch die Kapselgrößen und die Fallstrecke so aufeinander beziehen, dass die innere Kapsel während des ganzen Vorgangs nicht unten an der äußeren Kapsel auftrifft.

Das haben die Schüler geschafft und dann mit einem Laser die Fallgeschwindigkeit der äußeren und der inneren  Kaspel mit Hilfe von Laserstrahlen gemessen, nicht in Abhängigkeit zur Fallstrecke sondern direkt zur Fallzeit.

Aus dem GZG v = g*t konnten sie dann direkt die Fallbeschleunigung ausrechnen.

Ich zeige einmal einige Abbildungen aus ihrer Jugend forscht Arbeit:



Der Wert der Fallbeschleunigung in Kassel liegt bei g = 9,811 m/sec², die innere Kapsel hatte 9,817 m/sec².

Allerdings ist der Punkt (0,0) nicht bei der Auswertung berücksichtigt worden. Aber trotzdem gibt es nur eine Abweichung von 0,06 % zwischen Fallbeschleunigung der inneren Kapsel und dem g-Wert für Kassel.

Ich habe eben geschrieben: Die Fallbeschleunigung in Kassel...Fallen denn Körper in München anders?

Da gehen wir im nächsten Post drauf ein.


P 32: Auswertung

 4.4.3 Auswertung

Zuerst die Geschwindigkeiten:

s/m   v/ (m/sec)

0        0

0,1    1,36

0,15   1,67

0,2     2,0

0,25   2,31

0,3     2,5

Ich habe hier den sicheren Wert (0,0) wieder zugefügt.

Wir hatten ja die Formel s = 1/2*v²/g, deren Gültigkeit wir überprüfen wollten und dann gegenenfalls die Fallbeschleunigung g bestimmen wollten. 

Das war der Kombinationstrick.

Zur Auswertung wenden wir jetzt den Linearisierungstrick an, d.h. wir tragen s gegen v² auf (die Rechnung gebe ich hier nicht an).

Der Graph in Excel zeigt das Ergebnis. Die Punkte lassen sich sehr gut durch eine Gerade mit der Steigung 0,0466 m/(m²/sec²) darstellen.


 Das kann man mit einem Steigungsdreieck machen, Excel hat bekannte Verfahren der Ausgleichsrechnung verwendet, um die Gleichung der Geraden zu finden, für die die Messpunkte am Besten passen. (was das mathematisch bedeutet, klären wir hier nicht).

Bei dieser einfachen Analyse ist Excel nicht davon ausgegangen, dass der Messpunkt (0,0) vollständig fehlerfrei ist.

Ich hätte per Hand meine Ausgleichsgerade an diesem Punkt angefangen und wäre zu einer geringfügig größeren Steigung gekommen.

Diskutiert einmal, was das für mein Ergebnis für g bedeutet hätte.

Wir übernehmen aber nun die Steigung von Excel: m = 0,0466.

(Zur  besseren Übersichtlichkeit lasse ich die Einheiten weg).

Unser Formel ergibt s = 1/(2*g) * v².

Der Vergleich mit y = m*x zeigt uns: m = 1/(2*g)

Damit erhalten wir g = 10,7 m/sec² .

Die Abweichung von 9% ist bei diesem einfachen Experiment tolerabel.



Sonntag, 24. Oktober 2021

P 31: Ein weiterer Auswertetrick: Kombinieren von Formeln

 4.4 g-Bestimmung über Geschwindigkeits-Zeit-Diagramme GZG

4.4.1 Das Experiment

Wenn man sich das GZG der gleichmäßig beschl. Bewegung ansieht (v = g*t) ist es ja gut geeignet, g als Steigung eines Graphen zu bestimmen: Trägt man die Geschwindigkeit beim Fallen gegen die Zeit t der Messung auf, so sollte eine Gerade herauskommen.

Wie gehen wir da beim Messen vor?

Die Fallgeschwindigkeit könnte man als Durchschnittsgeschwindigkeit bestimmen.

Der fallende Körper mit der Dicke Δy durchfällt eine Lichtschranke zur Zeit t, die die dazu gehörende Durchfallzeit Δt misst. Dann ist v(t) näherungsweise Δy/Δt.

Das lässt sich recht einfach aufbauen.

Wegen der Messgenauigkeit sollten allerdings die Fallstrecken nicht zu groß sein...dann wird es aber schwierig, die Fallzeit t gut zu messen. Sicher gibt es auch dazu elektronische Lösungen bei gut ausgerüsteten Physiksammlungen....

Man könnte auch ein Video aufnehmen und die Fallzeit t über das Zählen von Einzelbildern bestimmen. Bei einer Fallstrecke von 0,5 m kommt man da etwa auf 7 bis 8 Bilder.

Schauen wir uns erst einmal einen Versuch dazu an:


 

Der Laserstrahl in der Lichtschranke ist nachträglich eingezeichnet, es ist ein IR-Strahl, den man eigentlich  nicht erkennt.

An einem Stativ rechts (nicht im Bild) habe ich Höhenmarkierungen angebracht, auf dem fallenden Klotz ebenfalls eine Markierung.

Nun das Video:


Ich habe mehrfach gemessen und gebe hier die Mittelwerte an (Δy = 3 cm):

Fallstrecke s/m       Durchfallzeit Δt /sec       v = Δy/Δt

   0,1                                  0,022

0,15                                   0,018

0,2                                     0,015

0,25                                   0,013

0,3                                     0,012

Berechnet erst einmal die Geschwindigkeiten in m/sec.

Wie werten wir das nun aus?

4.4.2 Der Trick Nummer 2

Wir könnten die Fallzeit t über s= 1/2 g*t² berechnen...aber das ist logisch nicht korrekt, wenn wir eigentlich überprüfen wollen, ob g konstant ist und ob unser Gesetz überhaupt gilt.

Deswegen kombinieren wir beide zu überprüfende Gesetze:

WZG: s(t) = 1/2*g*t²

GZG: v(t) = g*t

Das GZG lösen wir nach t auf und setzen den Term für das t in das WZG ein.

Einen Faktor g können wir kürzen...

Dann erhalten wir:

s(t) = 1/2*v(t)²/g

In dieser Formel sind nun die beiden Messgrößen s und v miteinander in Beziehung gebracht.

Nun wendet Trick 1 an (Linearisieren), schaut, ob eine Gerade herauskommt  und bestimmt  g als Steigung einer Geraden. 


Übrigens: Mit dieser Formel kann man auch sehr leicht die Auftreffgeschwindigkeit v nach Fallen aus der Höhe s berechnen. Wir werden sie öfters einsetzen.

Aufgabe dazu: 

Aus welcher Höhe muss ein PKW fallen, damit er mit 30 km/h am Boden auftrifft?

 Was sagt uns das Ergebnis über die Notwendigkeit des Anschnallens?