Dienstag, 15. Februar 2022

P 85: Achtung! Mathe

 15.3.5 Mathematische Behandlung eines einfachen elastischen Stoßes

Die Herleitungen spielen in späteren Posts keine Rolle, aber vielleicht für zukünftige Leistungskursler eine gute Gelegenheit ,sich  etwas stärker mit Formelherleitungen und Mathematik zu beschäftigen.

Wem es fröstelt...ihr könnt das gerne überspringen...aber ich fänd es schade...versucht es doch mal...

Ich versuche alle Sinne anzusprechen.

Wir wollen erst einmal die Formel für den folgenden Stoß herleiten:

Eine Masse m (unser Neutron) kommt mit einer Geschwindigkeit v1 zentral an eine ruhende Masse M (unser Sauerstoffatomkern) an.

Danach bewegen sich m und M mit bestimmten Geschwindigkeiten, die wir u1 und u2 nennen, weiter.

Genau für diese Geschwindigkeiten wollen wir Formeln haben.

Da es sehr mühsam ist, das alles mit Textverarbeitung aufzuschreiben, habe ich Papier und Kugelschreiber geholt....

Hier erst noch einmal die Aufgabe:


Und nun zur Lösung:

Wir schreiben erst einmal den Impuls- und den Energieerhaltungssatz hin.

Dann vereinfachen wir, sortieren die Gleichungen um, wenden die dritte binomische Gleichung an und dividieren die beiden so erhaltenen Gleichungen (2) durch (1). Dann kürzt sich alles raus und wir erhalten eine ganz einfache Gleichung, die uns erlaubt, bei einem Stoßvorgang dieser Art einfach nur (bestimmte) Geschwindigkeiten zu addieren. Um erst einmal u1, die Geschwindigkeit der Masse m nach dem Stoß, zu erhalten, müssen wir in Gleichung (1) u2 ersetzen und dann mit einigen Tricks nach u1 auflösen.




Dann nehmen wir Gleichung (3) und erhalten dann die andere gesuchte Geschwindigkeit u2.

Nun kennen wir alle Geschwindigkeiten und können den Energieerhaltungssatz überprüfen:


Das war sozusagen die Kür der Kür...

Wer das wirklich verstehen möchte, sollte sich die Herleitung selbst auf ein Blatt hinschreiben und jede Umformung ausführen.
Zum besseren Verständnis erkläre ich auch die wichtigsten Schritte in dem folgenden 10-minütigen Video:



Das war der Exkurs in die extreme Welt für Mathe-Nerds...so ganz nebenbei...weder diejenigen, denen das zu hoch ist, noch diejenigen, die das so richtig toll finden, müssen jetzt beschämt nach unten schauen...

Ach die Rechenaufgabe habe ich ja fast vergessen:


Wir nehmen m = 1 und M = 16 und benutzen Gleichung (4):

u1 = (1-16)/(1+16)  * 20 000 km/sec  = - 17647 km/sec

Das Neutron prallt fast mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der es angekommen ist, am Sauerstoffkern ab.

Gleichung (5) gibt uns an, welche Geschwindigkeit der Sauerstoffkern bekommt:

u2 = 2*1(17 *20 000 km/sec = 2354 km/sec

Er wird nicht all zu schnell. Das bedeutet auch, dass das Neutron nur wenig Energie an den Sauerstoffkern gegeben hat.

Nun wiederholen wir die Rechnung mit m=1 und M=1:

u1 = 0 km/sec

u2 = 20000 km/sec

Das Neutron verliert seine gesamte Energie und gibt es an das Proton ab.

Wenn da  Neutron noch Energie behalten will, bremst man es durch ein Deuteron ab, das ist ein Kern aus einem Proton und einem Neutron. Deswegen wird oft sog. schweres Wasser als Abbremsmittel in Kernkraftwerken genutzt.

In den Zusatzseiten werde ich in den nächsten Tagen etwas über Wolfgang Pauli schreiben, der vor etwa 90 Jahren voller Verzweiflung die Gültigkeit des Impulserhaltungssatzes gerettet hat, in dem er etwas eingeführt hat, was mit nichts reagiert und was man nicht nachweisen kann...

Auch wenn es nur eine Zusatzseite ist, lest es euch ruhig mal durch, ist vielleicht spannender als diese Rechnerei...




Montag, 14. Februar 2022

P 84 Mathematische Klimmzüge: Vorbereitung

 15.3.3 Lösungen und Rückstoß

In der Regel haben wir 6 Größen bei einem elastischen Stoß: die beiden Massen m und M sowie die Geschwindigkeiten der beiden Körper vor dem Stoß, wir bezeichnen sie mit v, und nach dem Stoß, da verwenden wir u.

Wenn wir keinen zentralen Stoß betrachten, dann müssen wir alle Geschwindigkeiten in x - und y-Komponenten zerlegen. Für jede Koordinatenrichtung gibt es einen eigenen Impulserhaltungssatz: In jeder einzelnen Richtung ist die Summe alle Impulse vor dem Stoß und nach dem Stoß gleich.

Das gilt natürlich auch für den Gesamtimpuls.

Oft liegen solche Fälle beim Aufeinanderschnipsen von Münzen vor, da man selten genau zentral trifft. Die Münzen fliegen dann in alle Richtungen.

Wenn zwei Stahlkugeln (oder Münzen) aufeinander prallen haben wir einen elastischen Stoß. Die Körper können sich zwar beim Aufprall verformen, aber die dafür notwendige Energie geht wieder elastisch in die Bewegung zurück.

Bekannterweise lassen sich bei Tomaten und Pfirsichen Verformungen nicht rückgängig machen. Solche Stöße sind nicht elastisch, ebenso, wenn die beiden Objekte aneinander kleben bleiben.

Nun kommen wir zu den ersten Aufgaben:

Aufgabe 1 Koppeln:

Da sich auf beiden Seiten alle Einheiten jeweils aufheben, brauchen wir nichts umzurechnen und wir erhalten aus dem Impulserhaltungssatz:

m*v = (m+M)*u

dabei ist m die Masse des mit v ankommenden Wagons, M die des stehenden Wagens. Beide aneinander gekoppelten Wagen bewegen sich mit der gemeinsamen Geschwindigkeit u weiter.

Wir erhalten 6 t * 6 km/h = 11 t * u km/h und somit u = 1,7 km/h  (t steht für Tonnen)

Auch hier seht ihr, dass ich mir das Umwandeln der Einheiten erspart habe. Das geht aber nur, weil sie sich auf beiden Seiten aufheben!

Aufgabe 3 Rückstoß

Auch hier können wir direkt den Impulserhaltungssatz hinschreiben:

Die Kugel der Masse m = 7 kg wird mit v = 10 m/sec vom ruhenden Werfer abgestoßen. Ihr Impuls von 70 Hy muss der Werfer aufbringen, er verliert diesen Impuls in Wurfrichtung. Das spürt er als Impuls der von d er Kugel auf ihn gegen die Wurfbewegung übertragen wird. Er fühlt sich zurückgestoßen. Deswegen nennt man das den Rückstoß.

Da seine Masse größer ist (M = 80 kg) wird er sich mit kleinerer Geschwindigkeit u nach hinten bewegen.

Es gilt m*v = M * u, also u = 0,88 m/sec.

Da der Werfer vorher stillstand, hat er jetzt kinetische Energie bekommen. Diese geht der Kugel verloren.

Deshalb stützt der Werfer sich an der Erde ab. Dadurch vergrößert er scheinbar seine Masse so sehr, dass er nahezu keine Geschwindigkeit erhält und die Kugel somit die volle Energie bekommt.

u = m*v/M ist dann sehr klein, da M die Masse der Erde ist.

Wir erinnern uns: Der Impuls p trägt die Energie E = 1/2*p²/M mit sich und die ist eben sehr sehr klein, wenn M letztlich die Masse der Erde ist, an die der Werfer gekoppelt ist.

15.3.4 Rückstoßfreie Aussendung (Mößbauereffekt)

Die Reduzierung der Rückstoßenergie macht man sich in der Kernphysik zu nutze.

Wenn Atomkerne Strahlungen aussenden, erhalten sie einen Rückstoß, der die Energie der Strahlung reduziert.

Wenn man aber die Atomkerne so in einen Festkörper einbettet, dass der den ganzen Rückimpuls aufnehmen muss, gibt es keine Rückbewegung und die emittierte Strahlung verliert keine Energie.

Die so entwickelte "rückstoßfreie Aussendung von Gammastrahlung" durch Rudolf  Mößbauer (1929-2011) hat zu bedeutenden messtechnischen Verbesserungen in der Atomphysik geführt. Dafür hat er 1961   den Nobelpreis für Physik enthalten.

Es lohnt sich also, in der E-Phase in Mechanik aufzupassen...


1960 konnte man mit Hilfe des Mößbauereffektes die Gravitationsrotverschiebung nachweisen, die entsteht, wenn Strahlung auf der Erde 20 m (!!!) nach oben fliegt (Pound-Rebka-Experiment im Jefferson-Laboratory in Cambridge), sozusagen die Gewichtsabnahme des Lichtes, wenn es 20 m hoch steigt.

                                                (wikipedia, engl.)
                                                           wikipedia


Bevor wir die anderen Aufgaben lösen, leite ich erst einmal die entsprechenden Formeln allgemein her. Dann wenden wir sie auf die Aufgaben an. Das kommt im nächsten Post.



Sonntag, 13. Februar 2022

P 83: Stoßvorgänge

 15.3 Anwendung der Impulserhaltung bei Stoßvorgängen

Das ist ein weites Feld, ich möchte nur einige unterschiedlich schwierige Aspekte vorstellen.

15.3.1 Klassifizierung von Stößen

In Leifi-Physik gibt es eine sehr schön Übersicht mit guten Animationen. Ich empfehle, die zu bearbeiten und vor allem wichtige Inhalte in eurer Heft zu übertragen.

Klärt dabei die folgenden Fragen:

- Welche Rolle spielt der Impulserhaltungssatz bei der Behandlung von Stoßvorgängen?

- Warum tauchen vier Geschwindigkeiten auf? Was bedeuten die Indizes 1 und 2, was der Strich?

- Charakterisiere:

a) Zwei Stahlkugeln prallen aufeinander

b) Eine Tomate prallt auf einen Pfirsich

c) Zwei Kugeln aus Knete prallen aufeinander

- Beschreibe die verschiedenen Arten von Stoßvorgängen mit eigenen Worten.

https://www.leifiphysik.de/mechanik/impulserhaltung-und-stoesse/grundwissen/stoesse

Klassifizierung von Stößen

15.3.2 Beispiele und Aufgaben

Experiment: 

Schnipse  Geldstücke auf ruhende andere Münzen und variiere Massen und Richtungen. Notiere Deine Beobachtungen und vergleiche sie mit den Ergebnissen der folgenden Aufgaben.

Versuche einmal die folgenden Aufgaben zu lösen:

Aufgabe 1: Koppeln

Ein leerer Güterwagen der Masse 6 Tonnen rollt mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h auf einen ruhenden beladenen Wagen mit der Masse 15 Tonnen und koppelt an.

Mit welcher Geschwindigkeit bewegen sich beide Wagen gemeinsam weiter?

(Märklin)


Aufgabe 2: Bremsen

Schnelle Neutronen in einem Kernkraftwerk sollen abgebremst werden.

Nehmen wir an, ein Neutron entsteht bei der Kernspaltung mit einer Geschwindigkeit von 20 000 km/sec.

Es hat eine Masse von 1,67*10^-27 kg.

a) Solche Neutronen stoßen zentral und elastisch auf ein Sauerstoffatom mit ungefähr der Masse von 16 Neutronen. Welche Geschwindigkeit hat das Neutron anschließend, welche das Sauerstoffatom?

b) Was ändert sich, wenn die Neutronen auf Wasserstoffatome (etwa mit der Masse eines Neutrons) stoßen?

(Bild Uni Leipzig)

Aufgabe 3: Rückstoß

Beim Kugelstoßen wird eine Kugel der Masse 7 kg mit der Geschwindigkeit 10 m/sec abgeworfen. Mit welcher Geschwindigkeit müsste sich der Werfer (Masse 80 kg) zurückbewegen?

Was würde passieren, wenn er auf einem Rollbrett stände?


Formel Herleitung:

Aufgabe 1:

Leite eine allgemeine Formel für die Rückstoßgeschwindigkeit her, d.h. für die Geschwindigkeit, mit der sich der abwerfende Körper nach hinten bewegen würde.

Aufgabe 2:

Ein Körper der Masse m stößt elastisch und zentral auf einen ruhenden Körper der Masse M.

a) Leite Formeln her für die  Geschwindigkeiten der Masse m und der Masse M nach dem Stoß.

b) Wie siehst Du an den Formeln, dass die Masse m bei einer Hauswand reflektiert würde?

c) Rechne nach, dass der Energieerhaltungssatz erfüllt ist.

Besprechungen im nächsten  Post