30. Auch Schwingungen können chaotisch sein
Im Folgenden gibt es einige grundlegende Informationen zum
Chaos.
Immer wenn die Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen
nichtlinear sind, können Rückkopplungen auftreten, d.h. Wirkungen können
Ursachen verändern. So entstehen Prozesse der Selbstorganisation, die sowohl
chaotisch ablaufen aber auch Strukturen erzeugen (wie Galaxienbildung,
Ameisenstaaten, Organismen, Evolution, Bewusstsein). Chaos und Strukturen
bedingen sich wechselseitig in Entwicklungsprozessen. Sie sind keine Gegensätze
sondern verschiedene ständig ineinander übergehende Entwicklungsstadien von
komplexen Systemen.
Die Entwicklung chaotischer Systeme verläuft nicht
zufällig, sondern ist durch streng determinierte Naturgesetze bestimmt.
Wegen der Nichtlinearität aber hängt die Entwicklung
extrem empfindlich von den Anfangsbedingungen ab. Zu Beginn ähnliche
Entwicklungen entwickeln sich schnell exponentiell auseinander.
Verändert man einen Systemparameter, so kann das System
aus einem stabilen Zustand zwei stabile Zustände und dann vier und dann 8
stabile Zustände machen. Dies nennt man unglücklicherweise eine
Periodenverdopplung, es ist besser eine Verdopplung möglicher stabiler
Zustände. Das Fachwort heißt Bifurkation (weil das im Feigenbaumdiagramm wie
eine Gabel aussieht). Ändert man den Systemparameter weiter, so treten
schließlich alle möglichen Zustände auf. Das System verhält sich chaotisch.
Es gibt aber auch noch andere Wege von der Ordnung ins
Chaos als den der Periodenverdopplung.
Die Menge aller möglichen stabilen Endzustände eines
Systems nennt man Attraktor. Chaotische Systeme entwickeln sich häufig auf
einen solchen Attraktorzustand hin. Dabei aber bleiben die chaotischen
Eigenschaften erhalten: Obwohl nur eine begrenzte Anzahl von Endzuständen im
Attraktor liegen, laufen die Entwicklungen exponentiell auseinander. Der
Attraktor zieht also die Entwicklungen an und schleudert sie dann in seinem
begrenzten Inneren exponentiell auseinander. Das geht nur, wenn der Attraktor
fraktale Strukturen hat, eben seltsam ist.
Fraktale sind extrem komplizierte geometrische Gebilde,
die aber durch einfache Regeln (und Rückkopplungen) erzeugt werden (ihr habt
bestimmt einige bei der Videorückkopplung gesehen). Sie sind wieder in sich
selbst zerlegbar, sie sind selbstähnlich, d.h. in jedem Teil von ihnen steckt
ein Bild des ganzen (ein Farnzweig sieht entsprechend vergrößert wie ein Farn
aus). Fraktale haben gebrochenzahlige Dimensionen, so hat z.B. Kleinfeld 1990
entdeckt, das neuronale Aktivitäten im menschlichen Gehirn fraktale Muster
bilden, die die Dimension 1,7 +/- 0,1 besitzen, also fast flächenförmig sind,
und deutlich mehr als linear.
Trägt man die möglichen Endzustände eines chaotischen Systems gegen eine bestimmende Größe auf (das kann bei einem Pendel die Dämpfung sein), so erhält man das Feigenbaum-Diagramm, an dem
man den Übergang ins Chaos durch „Periodenverdopplung“ erkennen kann. Ganz am Ende, wenn alle möglichen Zustände auch als Endzustände vorkommen können, dann ist das System im Chaos.
Eine weitere Möglichkeit mit Hilfe komplizierter Messungen
oder Computersimulationen die Entwicklung eines Systems zu beschreiben sind
Phasenraumdarstellungen. Das hat nur manchmal was mit Phasen zu tun, eigentlich
werden immer nur zwei verschiedene das System beschreibende Größen
gegeneinander aufgetragen.
- Beispiele:
1) Der
tropfende Wasserhahn
Trägt man die Zeit zwischen zwei,
drei und vier aufeinander folgenden Herzschlägen in einem Diagramm
dreidimensional auf, so erkennt man beim gesunden Herz einen Attraktorbereich,
der bei Erkrankung in einen immer breiteren chaotischen Bereich übergeht. Das Herzflimmern ist der komplett chaotische Bereich,
es führt meist zum Tod. Die Darstellung des Chaoszustandes der Herzschläge ist
inzwischen ein zuverlässigeres Diagnosemittel als das normale EKG.
Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist
eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität.
In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.
3) Chaotisches Doppelpendel:
Spielen mit dem chaotischen Doppelpendel
Vielleicht macht so ein Ausflug in aktuelle (physikalische) Forschung auch etwas Spaß!
Die in der Schule behandelte „lineare“ Physik ist eigentlich nur ein Grenzfall in der nichtlinearen chaotisch-komplexen Realität. In einer linearen Welt gäbe es weder Galaxien noch Leben noch Bewusstsein.
Das Chaos ist die Normalität, die linearen Formeln der Schulphysik nur ein Grenzfall der Realität.
Wer sich mehr mit diesem Thema "Chaos und Fraktale "auseinandersetzen will, ist eingeladen, meinen Online-Workshop mitzumachen:
Komplexe Zahlen, Chaos und Fraktale
Noch ein paar Vokabeln zum Thema:
Vocabulary:
Perturbation Störung mapping Abbildung, Funktion
Phase space Phasenraum Self-similiar structure selbstähnl.Struktur
Trajectory Bahn im Phasenraum Stable orbit stabile Bahn
Derivation Ableitung, Änderung fractal dimension
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