Mittwoch, 9. März 2022

P 96: Gerechtigkeit unter den Atomen

Bevor wir zu Drehbewegungen und dem Gravitationsgesetz kommen, möchte ich doch noch ein Kapitel aus der Wärmelehre einschieben. Wärmelehre wird in der Schule etwas stiefmütterlich, eher gar nicht, behandelt. Die Inhalte sind kein Prüfungsstoff im Abitur, helfen aber sehr, ein anschauliches Modell für Wärme bereitzustellen, auf das man später immer wieder gerne zurückgreift.

18. Wärmeenergie und Entropie

18.1 Energieverteilung und Freiheitsgrade

Wärmeenergie ist eine besondere Form der Energie. Je geringer die Temperatur ist unter der z.B. ein Gas Wärmeenergie gespeichert hat, desto weniger kann man diese nutzen.

Wir haben das als die Entwertung von Energie bei Umwandlungsprozessen kennengelernt.

Inzwischen ist klar, dass Wärmeenergie eigentlich keine eigenständige Form der Energie ist. Sie liegt in Form von Bewegungsenergie der Atome und Moleküle vor:

Jede Möglichkeit, sich zu bewegen, bezeichnet man als einen Freiheitsgrad.

Eine normale Translationsbewegung besitzt 3 Freiheitsgrade, die Bewegung kann in jede der drei Raumrichtungen unabhängig erfolgen.

In jedem Freiheitsgrad kann die Energie E = 1/2*k*T gespeichert werden. Dabei ist T die absolute Temperatur des Gases in Kelvin K, k die sog. Boltzmannsche Konstante (k = 1,38*10^-23 J/K).

Das Zustandekommen der Formel wollen wir hier nicht klären. Aber es ist naheliegend, dass die "Wärmeenergie"E proportional zur absoluten Temperatur ist. Die Konstante k gibt einfach nur an, wieviel Energie ich pro Grad Erwärmung zuführen muss (den Faktor 1/2 vergessen wir jetzt mal...).

Damit gilt für die Wärmeenergie eines Atoms in einem einatomigen Gas: E = 3/2*k*T.

Wieso steht da jetzt 3/2 statt 1/2????

Wenn wir zweiatomige Moleküle haben, gibt es mehr Freiheitsgrade. Sie können Energie auch noch durch andere Bewegungen speichern:

Das Molekül kann um drei Achsen rotieren. Dabei nimmt aber die Rotation um die Längsachse keine Energie auf (wir sagen: die Trägheit ist zu vernachlässigen). Deshalb kommen nur zwei Freiheitsgrade dazu.

                                              nach lernhelfer.de

Zweiatomige Moleküle in einem Gas besitzen also die Energien E = 5/2*k*T

Bei sehr hohen Temperaturen kommen noch zwei Schwingungsfreiheitsgrade dazu.

Insgesamt gilt die Formel:

E = f/2*k*T, wobei f die Anzahl der zur Verfügung stehenden Freiheitsgrade ist.

Durch Änderung von inneren Zuständen der Atome ("Elektronensprünge") kann noch weitere Energie gespeichert werden. Hier spricht man aber nicht von Freiheitsgraden. Das wird in Q3 eine Rolle spielen.

Bezieht man die Energie nicht auf einzelne Atome/Moleküle, sondern auf eine bestimmte Menge (kg oder mol), so nennt man den Vorfaktor von T auch die Wärmekapazität des Gases.

Das ist prinzipiell keine neue Physik. Wir wollen das hier nicht vertiefen.

In der Physik geht man davon aus, dass sich Energien gleichmäßig auf alle zur Verfügung stehenden Freiheitsgrade verteilt.

Gleichverteilungssatz:

In einem thermischen Gleichgewicht besitzt jeder Freiheitsgrad die gleiche mittlere Energie.

Diese Regel gilt für die Welt der Quanten nicht mehr. 

Max Planck hat 1900 eine andere Art der Energieverteilung gefunden:

 E = h*f, d.h. die Energie wächst mit der Frequenz von Schwingungen und Wellen. Sie wird eben nicht mehr gleichmäßig auf alle möglichen Schwingungen und Wellen verteilt. Nur damit konnte Einstein 1905 erklären, wie man mit Licht Strom erzeugen kann, wie also Solarzellen funktionieren.

Im nächsten Post lernen wir, wie man die Geschwindigkeiten der Atome und Moleküle berechnen kann. Dann lernen wir den Begriff der Entropie kennen und entwickeln abschließend ein (hoffentlich schon bekanntes) Bild der Aggregatzustände, nehmen aber die des Plasmas und der entarteten Materie als die häufigsten im Kosmos dazu.



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