21. Drehimpuls und Trägheitsmoment
21.1 Schwung und Trägheit beim Drehen
Wir haben in den letzten Posts ja gesehen, dass man alle Größen und Formeln, die wir bei linearen Bewegungen kennengelernt haben, einfach auf Kreisbewegungen übertragen kann:
Aus der Geschwindigkeit v wird die Winkelgeschwindigkeit ω , aus der Beschleunigung a wird die Winkelbeschleunigung α und natürlich wird aus der Strecke s der Drehwinkel φ .
Und dann kann man einfach die Formeln übertragen:
Aus s(t) = v*t wird φ(t) = ω * t
Aus s = 1/2*a*t² wird φ = 1/2*α* t²
Aus v = a*t wird ω = α * t
Auch die Zusammenhänge sind leicht zu beschreiben:
v = ω * r und a = α * r
Die Winkelgröße wird einfach mit dem Radius der Kreisbahn multipliziert und man erhält die lineare Bahngröße, gemessen längs der Bahn.
Überprüfe einmal, ob auch die Einheiten passen!
Natürlich haben auch die anderen Größen der Newtonschen Mechanik entsprechende Größen bei Kreisbewegungen:
Der Schwung (Impuls) p längs einer geradlinigen Bahn wird zum Drehschwung (Drehimpuls) L bei einer Kreisbewegung.
Die träge Masse m bei einer linearen Bewegung wird zum Trägheitsmoment Θ bei einer Kreisbewegung.
Und schon können wir die beiden wichtigen Formeln hinschreiben:
Aus der Impulsformel p = m* v wird die Drehimpulsformel L = Θ * ω.
Macht euch in eigenen Worten klar, was die Formelzeichen in den beiden Formeln für eine Bedeutung haben.
Diese Abbildung kann euch helfen:
Schauen wir uns erst noch einmal an, was wir in P 76 (Kapitel 14) über die träge Masse gelernt haben:
Was bedeutet also 1 kg?
Eine Masse von 1 kg ist in der Lage einen Schwung von 1 Hy in eine Geschwindigkeit von 1 m/sec umzusetzen.
Je größer eine Masse ist, desto mehr Schwung muss sie aufnehmen, um eine bestimmte Geschwindigkeit zu erreichen.
Aufgenommene Menge = Konstante * Wirkung
p = m * v
nennt man die Konstante eine Kapazität.
Denkt an unsere Badewanne:
Wir haben zwei Badewannen, in die beide 30 Liter pro Minute fließen. Bei Wanne A steigt jede Minute der Wasserspiegel um 3 cm, bei Wanne B um 2 mm.
Die Formel wäre: Wassermenge = Konstante * Höhe des Wasserspiegels
Wir sagen: Wanne B hat eine größere Kapazität für Wasser als Wanne A.
Entsprechend ist die träge Masse also eine Angabe zur Kapazität, mit der sie Schwung aufnehmen kann: Träge Masse ist eine Schwungkapazität.
Je höher die träge Masse, desto mehr Schwung kann sie speichern und desto mehr Schwung braucht man, um sie auf eine bestimmte Geschwindigkeit zu bringen.
Eigentlich ist nur dieser letzte Satz wichtig. Er sollte an sich aber eher eine Trivialität ausdrücken...
Leider wird in unserer Umgangssprache das Wort Kapazität auch für Fassungsvermögen verwendet. Das ist in der Physik falsch: Eine Kapazität ist in der Physik eine Pro-Angabe, ein Fassungsvermögen gibt an, wieviel von etwas wo reinpasst. Ohne Pro und Kontra....
Eine Badewanne hat an sich nur ein Fassungsvermögen. Erst wenn wir Wasser reinlaufen lassen und wir wissen wollen, wie die Zuflussmenge in Wasserstand umgesetzt ist, benötigen wir die Kapazität der Wanne.
Je größer die Kapazität der Wanne ist, desto langsamer steigt der Wasserspiegel an.
Und genau so beschreibt das Trägheitsmoment Θ, wie der Drehschwung L in Drehung (ω) umgesetzt wird:
Je größer das Trägheitsmoment Θ ist, desto mehr widersetzt sich der Körper einer Drehung, d.h. desto mehr Drehschwung L brauche ich, um ihn auf eine bestimmte Winkelgeschwindigkeit ω zu bringen.
Beim Drehen kommt es aber auch darauf an, wie die Drehachse relativ zum Körper angeordnet ist und vor allem wie sich die Masse innerhalb des Körpers verteilt.
Ist der Körper in größeren Abständen von der Drehachse besonders massereich, so kann man ihn nur schwer in Drehung versetzen.
Je dichter die Masse an der Drehachse liegt, desto leichter lässt sich ein Körper drehen, sein Trägheitsmoment Θ ist dann kleiner.
Seilläufer stabilisieren sich in dem sie lange Stangen halten. Dadurch bekommen sie ein größeres Trägheitsmoment und sind nicht so leicht zum Drehen (Kippen) zu bringen.
Bild: Metallbau Goltings
Das Berechnen von Trägheitsmoment ist nicht einfach, es muss oft integriert werden. Man schlägt Formeln einfach nach, wenn man das Trägheitsmoment zu bestimmten Körpern berechnen will.
Zur Übung:
Bestimme einmal die Formel für den Drehimpuls einer Kreisbewegung und das zugehörige Trägheitsmoment.
Nimm an, dass sich eine punktförmige Masse m mit der Bahngeschwindigkeit v auf einem Kreis mit dem Radius r bewegt.
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